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Drastische Massnahmen für das Spital Oberengadin

Gleich zwei fristlose Entlassungen hat die Spitalkommission Oberengadin gestern bekannt gegeben. Der Geschäftsleiter und eine Chefärztin müssen gehen – das Ende einer turbulenten Geschichte.

Südostschweiz
31.10.14 - 01:00 Uhr

Von Fadrina Hofmann

Samedan. – Mit der Entlassung von Gudrun König, Chefärztin Gynäkologie und Geburtshilfe, ist im Oberengadin gerechnet worden, die Kündigung von CEO Philipp Wessner hingegen ist eine Überraschung. Spätestens seit der Kinderarzt Rolf Bienentreu öffentlich die unhaltbaren Zustände am Spital Oberengadin geschildert hatte, war klar, dass Handlungsbedarf besteht. Bienentreu hatte im Sommer nach 21 Jahren seine Stelle am Spital gekündigt. Motiv: «unwürdige Arbeitsbedingungen». So sei er unter anderem von wichtigen medizinischen Entscheidungen ausgeschlossen worden, und die Zusammenarbeit mit der erst seit September 2013 am Spital tätigen Chefärztin sei «unerträglich gewesen». Bienentreu war für eine Stellungnahme zur aktuellen Situation nicht erreichbar.

«Unüberbrückbare Differenzen»

Mit König wurde der Anstellungsvertrag «wegen nicht ausreichender Sozialkompetenz» per sofort aufgelöst, wie es in einer Medienmitteilung heisst. «Seit geraumer Zeit gab es Probleme bei der Chefärztin im Umgang mit den Mitarbeitern», erklärte der Kreispräsident und Präsident der Spitalkommission, Gian Duri Ratti, gestern auf Anfrage. Es sei zu «unüberbrückbaren Differenzen» gekommen. «Die Vertrauensbasis war derart ruiniert, dass nichts mehr hätte gekittet werden können», meinte Ratti.

Bereits ab dem 3. November wird Rolf A. Steiner ad interim die Leitung der Abteilung übernehmen. Wie es in der Mitteilung weiter heisst, versucht die Spitalkommission die Nachfolge so rasch wie möglich zu regeln. König war gestern nicht erreichbar.

Unterschiedliche Zukunftsvisionen

Auch mit Wessner wurde der Anstellungsvertrag per sofort aufgelöst. Die Haltung der Kommission zur betrieblichen und wirtschaftlichen Spitalführung habe mit derjenigen des CEOs nicht mehr übereingestimmt, lautet die Erklärung für diesen Schritt. «Er hatte andere Vorstellungen, was die Zukunft des Spitals Oberengadin betrifft», präzisierte Ratti. Während Wessner von grösseren Dimensionen und von universitären Angeboten träumte, möchte die Spitalkommission das Krankenhaus als Regionalspital weiterführen. Gemäss Ratti hätte es zudem mit Wessner ebenfalls Kommunikationsprobleme gegeben. «Die Differenzen waren zu gross, als dass sie noch hätten überwunden werden können», meinte der Präsident der Spitalkommission. Ratti sprach von «Vertrauensverlust». Wessner war seit dem 1. Januar 2011 am Spital Oberengadin angestellt. Für eine Stellungnahme war er gestern nicht erreichbar.

Eine Restrukturierung wird geprüft

Die Stelle des CEO wird bis auf Weiteres ad interim besetzt. Bis ein Nachfolger gefunden wird, werden die Tagesgeschäfte von Lucian Schucan für den Bereich Administration/IT übernommen, und die Leitung Finanzen wird Brigitte Büeler übertragen. Als Nächstes steht am Spital Oberengadin eine umfassende Leistungs- und Prozessüberprüfung an. «Diese Überprüfung erfolgt alle fünf Jahre und wäre im Rahmen unserer mittelfristigen Planung im Jahr 2016/17 so oder so fällig geworden», hält Ratti fest. Gleichzeitig sei auch eine Anpassung der künftigen Strukturen zu überprüfen. Es gehe vor allem darum festzulegen, wo Optimierungsmöglichkeiten bestehen. Im Laufe des nächsten Jahres sollen entsprechende Vorschläge dem Kreisrat unterbreitet werden.

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