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Die Zeit ist reif für neue Wege

Ausgesteuerte: Sind doch faule Kerle. Asylsuchende: Wären besser dort geblieben, wo sie herkommen. Sätze, die man in den vergangenen Jahren immer wieder zu hören bekam.

Südostschweiz
30.01.15 - 01:00 Uhr

Auch in Graubünden. Langsam aber scheint sich – gerade auch dank engagierten Fachstellen, Institutionen und Einzelkämpfern – eine positivere Geisteshaltung in vielen Köpfen zu etablieren. Das Gegeneinander weicht einem Miteinander. Nicht überall, nicht bei allen. Aber Initiativen wie die Arbeitsgruppe Agape dreier kirchlicher Bündner Institutionen zeigen, dass die Zeit reif ist für neue Wege. Und neue, unkonventionelle Ideen.

Sie können kochen, die eingewanderten Menschen aus fremden Kulturen – wieso also nicht mit einem Catering davon profitieren und einen Zustupf verdienen? Sie wollen arbeiten, die Ausgesteuerten, weshalb also nicht ein Wäschereiprojekt für sie auf die Beine stellen? Sie kommen aus Kulturkreisen, in denen die Ziege eine wichtige Rolle spielt, die Flüchtlinge – weshalb also nicht versuchen, ihr vorhandenes Wissen zu nutzen, zu ergänzen, ihnen die Grundlagen moderner Geissenlandwirtschaft zu vermitteln?

Natürlich, es braucht den Integrationswillen, den Arbeitswillen der Betroffenen, damit solche Angebote funktionieren können. Und Offenheit bei den Einheimischen. Beides ist nicht immer vorhanden. Und es wird nicht immer einfach sein, den Zugewanderten die Landwirtschaft als Betätigungsfeld nahezubringen. Die wenigsten nehmen die lange, oft lebensgefährliche Reise nach Europa auf sich, um dort nachher als Geissenhirt oder -hirtin zu arbeiten. Aber Ziele, Horizonte können sich ändern. Und gute Beispiele können dafür sorgen, dass das Miteinander einfacher wird, alltäglicher.

Agapes «Gaissaprojekt» könnte so ein Beispiel werden. Es wird im Kleinen beginnen, vorsichtig, mit zwölf Strahlenziegen, mit einem oder zwei Flüchtlingen. Das ist ein gutes Zeichen: Die Initianten wollen nichts überstürzen. Doch es steckt Potenzial in der Idee: Funktioniert sie am Heinzenberg, kann sie auch anderswo funktionieren. Und sie kann für die Beteiligten zum entscheidenden Schritt werden: hinein in den primären Arbeitsmarkt, der ihnen sonst vielleicht verschlossen bliebe. Und hinein in eine echte Integration.

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