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Die Seelsorger befürchten wieder mehr Kirchenaustritte

Aufruhr unter den Katholiken: Nach Bischof Huonders drastischen Worten zur Pfarrei- Initiative fürchten hiesige Seelsorger eine neue Welle von Kirchenaustritten.

Südostschweiz
03.03.13 - 01:00 Uhr

Von Nicole Bruhin

Die Kirchenmitarbeiter aus der Region sind entsetzt. Die Antwort von Bischof Vitus Huonder auf die Pfarrei-Initiative ist für sie ein herber Schlag. «Ich kann niemandem verbieten, eigene Wege zu gehen, aber dann bitte nicht unter dem Deckmantel einer kirchlichen Missio», schreibt Huonder in seinem Brief vom 22. Februar an seine Kirchenmitarbeiter des Bistums Chur. Alle Unterzeichnenden der Pfarrei-Initiative sollten ihre christliche Beauftragung abgeben, rät Huonder in seinem Brief weiter, wie in der «Südostschweiz» Ausgabe Graubünden zu lesen war.

«Das ist einfach nur verletzend», sagt der Rapperswiler Seelsorger Robert Schätzle. Klostervorsteher Bruder Adrian Müller aus Rapperswil redet von einem Regime der «Angst und Resignation», das Huonder betreibe. Und Seelsorger Eck Hörhager aus St. Gallenkappel bleibt nur ein Kopfschütteln.

Wut und Unverständnis

So spaltet die Pfarrei-Initiative einmal mehr die Gemüter der Schweizer Katholiken. Über 350 Unterschriften wurden in der ganzen Schweiz gesammelt. Im Bistum St. Gallen haben die Initiative 54 Kirchenmitarbeiter unterzeichnet, davon sind 15 aus dem Dekanat Uznach. Mit der Initiative fordern sie Reformen in der katholischen Kirche.

Dass Bischof Huonders Anwort darauf negativ ausfallen würde, wurde erwartet. Allerdings nicht in dieser Deutlichkeit. Sie lässt hiesige Kirchenmitarbeiter erschauern. «Diese Antwort kommt mit einer erschreckenden Härte», findet Schätzle. Es sei eine Antwort gegen eine lebendige Kirche. Schätzle gerät richtig in Rage: «Es ist einfach unfassbar und geht zudem gegen die Existenz vieler Kirchenmitarbeiter.»

«Mit einer solchen Antwort nimmt Huonder die Probleme der Kirche nicht wahr», meint Klostervorsteher Bruder Adrian Müller. Es brauche dringend eine Strukturveränderung.

Kirchenbasis lebt andere Realität

Denn an der Basis der Kirche werde eine andere Realität gelebt. Ausgebildete Laientheologinnen halten die Sonntagspredigt – Reformierte, Wiederverheiratete und Homosexuelle nehmen an der Kommunion teil. Was in den meisten katholischen Pfarreien im Linthgebiet längst gang und gäbe ist, entspricht allerdings nicht den offiziellen Richtlinien der Kirche.

Deshalb verlangen die Unterzeichner der Pfarrei-Initiative Reformen. «Die Kirche muss auf diese Situation in unseren Breitengraden eingehen», findet Klostervorsteher Müller. Denn es sei eine andere Lebensphilosophie als etwa in Afrika.

So werde die Entfernung zur Kirche immer grösser, meint Seelsorger Urs Bernhardsgrütter aus Schmerikon. «Das ist sehr traurig.» Auch er will Reformen. «Ich hätte ein schlechtes Gewissen gegenüber den Schmerkner Gläubigen gehabt, wenn ich nicht unterschrieben hätte», meint er.

Kirchenaustritte erwartet

Die Kirchenmitarbeiter befürchten nun, dass eine neue Welle von Austritten auf die Kirche zukommt. «Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Antwort bei einigen Gläubigen das Fass zum Überlaufen bringt», sagt Schätzle. Denn die Gläubigen würden keine verurteilende Kirche wollen. Schon beim Hirtenbrief im letzten Frühling von Vitus Huonder beklagten die hiesigen Seelsorger viele Kirchenaustritte.

Und dies, obwohl die Region dem Bistum St. Gallen angehört. «Den Gläubigen geht es eben um die generelle Haltung der Kirche», sagt Schätzle. Und diese deutliche Haltung von Huonder sei ein herber Rückschritt für die katholische Seelsorge.

Büchel will zuerst mit Kollegen reden

Während Bischof Huonder in Chur die Unterzeichner der Pfarrei-Initiative schriftlich Stellung nehmen liess, empfing Bischof Markus Büchel jene aus dem Bistum St. Gallen zu Gesprächen. «Wir können uns glücklich schätzen mit unserem Bischof», sagt Robert Schätzle. Die Gespräche seien sehr offen und auf gegenseitigem Verständnis basierend gewesen.

Büchel mochte auf Anfage der «Südostschweiz am Sonntag» keine Stellung zu Huonders Aussagen nehmen. Seine Mediensprecherin Sabine Rüthemann liess aber verlauten, Bischof Büchel nehme die Angelegenheit sehr ernst.

«Er wird dies nächste Woche zuerst mit den anderen Bischöfen besprechen», sagt sie. Dies wird anlässlich der Bischofskonferenz stattfinden, in der Bischof Büchel den Vorsitz hat. «Danach wird der Bischof die Medien informieren.»

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