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Die meisten Länder halten an Atomkraft fest

Die Atomkatastrophe in Japan hat zwar in den meisten EU-Ländern den Widerstand gegen die Kernenergie verstärkt. Aber bislang hat nur Deutschland ein «Atom-Moratorium» verfügt. Die EU tut sich schwer mit einheitlichen Stresstests für die AKW.

Südostschweiz
26.05.11 - 02:00 Uhr

14 der 27 EU-Staaten setzen derzeit auf Atomkraft. Es gibt 143 Reaktoren, die einen Drittel des gesamten Stroms und etwa 15 Prozent der EU-weit verbrauchten Energie produzieren. Laut Lissabon-Vertrag kann jeder Staat selbst über die Nutzung der Atomkraft entscheiden.

Die meisten EU-Staaten waren in den letzten Jahren unter dem Eindruck der Klima- und Energieversorgungs-Diskussion auf eine Atom-freundliche Energiepolitik eingeschwenkt. In Deutschland und Schweden etwa beschlossen die Regierungen den «Ausstieg aus dem Atomausstieg». Der GAU im Atomkraftwerk Fukushima hat bislang keinen grundlegenden Kurswechsel ausgelöst.

Einzig die deutsche Regierung beschloss am 14. März ein Atom- Moratorium. Alle 17 deutschen Atomkraftwerke sollen einer Sicherheitsprüfung unterzogen und dazu die sieben ältesten Kraftwerke drei Monate lang stillgelegt werden. In Deutschland deckt die Kernenergie rund einen Viertel des Strombedarfs.

«Grundlegendes Element»

Frankreich dagegen, wo 59 AKW über 75 Prozent des Stroms produzieren, will an der Kernenergie festhalten. Diese ist nach den Worten von Präsident Sarkozy ein «grundlegendes Element» der Unabhängigkeit Frankreichs bei der Energieversorgung. Seine Regierung betont die Sicherheit französischer Atomkraftwerke.

Auch Grossbritannien hält an der Atomenergie und dem Bau neuer Atomkraftwerke fest. Die 19 britischen Atomkraftwerke produzieren rund 18 Prozent an der gesamten Stromproduktion.

Eine ähnliche Haltung nehmen die skandinavischen sowie die meisten mittel- und osteuropäischen EU-Mitglieder ein. Letztere wollen nicht zu stark in die energiepolitische Abhängigkeit Russlands geraten.

Gebremste Wiedereinstiegslust

Italien hatte nach der Katastrophe von Tschernobyl 1986 seine vier AKW stillgelegt. 2009 arbeitete die Regierung von Silvio Berlusconi ein Gesetz zur Planung neuer Atomkraftwerke aus. Nach dem Atomunfall in Japan signalisiert sie indes Bereitschaft, ihre umstrittenen Atompläne zu überdenken. Für Juni ist ein Referendum über die Rückkehr zur Atomenergie geplant.

Österreich, das keine Kernkraftwerke betreibt, aber Atomstrom aus dem Ausland bezieht, macht sich seit Fukushima für einen internationalen Atomausstieg stark. Die Regierung forderte umfassenden Sicherheitstests der europäischen Kernkraftwerke auf Grundlage einheitlicher Standards. (sda)

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