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Die Mächtigen der Welt sind nicht mehr ungestört

Die Bilderberg-Konferenz in St. Moritz wird nicht so still und heimlich über die Bühne gehen wie sonst üblich. Eine Opposition bestehend aus Juso, JSVP, SVP und Verschwörungstheoretikern will «Licht in die Schattenwelt bringen».

Südostschweiz
05.06.11 - 02:00 Uhr

Von Stefan Bisculm

St. Moritz. – Die Bilderberger mögen es diskret. Seit über 50 Jahren treffen sie sich regelmässig in Luxushotels dieser Welt zu privaten Treffen. Wer eine Einladung zu einer Bilderberg-Konferenz erhält, gehört zu einer handverlesenen Elite. Diese wird zur Geheimhaltung verpflichtet, damit staatstragende Themen in einem informellen Rahmen diskutiert werden können. Zum nächsten Treffen im «Suvretta House» in St. Moritz werden vom 9. bis 12. Juni schätzungsweise 130 internationale Grössen aus Politik, Militär, Industrie, Hochfinanz und Adel erwartet.

Opposition von links und rechts

Ganz so diskret wie üblich dürfte das diesjährige Treffen allerdings nicht über die Bühne gehen. Dafür will eine Gruppe sorgen, die sich Bilderberg Transparency nennt. Die Gruppe, der unter anderem auch Internetplattformen angeschlossen sind, die sich mit allerhand Verschwörungstheorien beschäftigen, ruft über Facebook zu einer Gegenveranstaltung auf, «um Licht in die Schattenwelt dieser Geheimloge zu bringen». Rund 700 Personen haben ihre Teilnahme bereits zugesagt.

Der Höhepunkt des Protests soll die öffentliche Grossveranstaltung «Freie Schweiz wohin?» bilden, welche die Junge SVP Schweiz am Freitagabend im Hotel «Randolins» organisiert. Als Referenten sind SVP-Nationalrat Lukas Reimann (Aargau) sowie Auns-Präsident und SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (Schwyz) aufgeführt.

Auf die Frage, warum er sich gegen die Bilderberg-Konferenz engagiere, betonte Reimann, dass er nicht Organisator, sondern nur Referent sei. «Ich werde mich in meinem Referat gegen den EU-Beitritt, gegen die Nato-Annäherung, gegen die Euro/IWF-Zahlungen und für direkte Demokratie und für die Neutralität aussprechen.»

Juso will sich abgrenzen

Auf der offiziellen Website der Gruppe Bilderberg Transparency ist auch die Juso Graubünden mit ihrem Logo vertreten. Die Bündner Jungsozialisten werden während der Bilderberg-Konferenz am Samstag auf dem Dorfplatz von St. Moritz das Manifest «Gegen Scheindemokratie und Marktradikale – für echte und transparente Demokratie!» verabschieden. Die Juso Graubünden legt Wert darauf, nicht direkt mit den Protesten von Bilderberg Transparency in Verbindung gebracht werden. «Wir möchten uns mit unserer eigenen Veranstaltung von den Verschwörungstheoretikern und der Jungen SVP abgrenzen und Letzteren aufzeigen, dass auch sie zu den Scheindemokraten gehören», sagte Lukas Horrer von der Juso auf Anfrage.

Was Horrer damit anspricht, ist die zweimalige Teilnahme von SVP-Stratege Christoph Blocher an früheren Treffen der Bilderberg-Konferenz. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» erklärte Blocher, er habe damals zwei interessante Tagungen mit kontroversen Referaten erlebt, die für die Welt von Bedeutung seien. Dass die Bilderberg-Konferenz alles andere als demokratisch sei, stört ihn nicht. «Ein Club muss ja nicht demokratisch sein», so Blocher.

Sorgen, dass er durch seinen Auftritt an der Gegenveranstaltung zur Bilderberg-Konferenz Blocher auf die Füsse treten könnte, hat Jungpolitiker Reimann nicht: «Ich bin mir sicher, dass Blocher jedes Wort meines Referats unterschreiben könnte.»

Zuckerberg ein Bilderberger?

Die Verschwörungstheoretiker unter den Bilderberg-Gegnern haben indes ganz andere Probleme. Am Mittwoch, befürchteten sie, wegen ihres Engagements gegen die Konferenz seien sie bereits Zensurversuchen ausgesetzt. Auf der Website alles-schallundrauch.blogspot.com heisst es in einem Beitrag, Facebook verhindere seit einigen Tagen das Einstellen von Links auf Artikel über die Bilderberg-Konferenz. «Ja, der Mark Zuckerberg ist auch einer von ihnen, und es sieht so aus, die Bilderberger schlagen zu, weil ich über sie berichte.»

Nachdem der jurassische Nationalrat Dominic Baettig (SVP) letzte Woche schon die Bündner Regierung in einem Brief aufgefordert hatte, die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz mit Haftbefehl bei der Einreise in die Schweiz am Flughafen Samedan umgehend zu verhaften, erhielt kürzlich auch die Staatsanwaltschaft Graubünden einen ähnlichen Brief. Baettig warnt die Justiz, insbesondere nach den «Kriminellen» Henry Kissinger, Georg W. Bush und Nicolas Sarkozy Ausschau zu halten. (bcm)

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