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Die Grenzbesetzung 1915-1918 an Umbrail und Stelvio

Berufsoffizier David Accola präsentierte der Historischen Gesellschaft in einem Referat neue Erkenntnisse.

Südostschweiz
30.05.14 - 02:00 Uhr

Hansmartin Schmid

Im Hauptberuf ist der aus Flims stammende Berufsoffizier David Accola stellvertretender Kommandant der eidgenössischen Generalstabsschule in Luzern. Doch mittlerweile ist ihm die Erforschung des Hochgebirgskriegs zwischen Italien und Österreich-Ungarn von 1915 bis 1918 und der schweizerischen Grenzbesetzung während der gleichen Jahren auf dem Umbrail-Pass so etwas wie ein leidenschaftlicher Nebenberuf geworden.

Bereits hat er eine historische Dokumentation mit dem Titel «Stilfserjoch-Umbrail 1914-1918» publiziert, einen militärhistorischen Wanderführer zu den einstigen Stellungen in diesem Gebiet geschrieben und den Verein Stilfserjoch-Umbrail ins Leben gerufen, der unter seinem Präsidium in St. Maria im Münstertal ein kleines Erinnerungsmuseum über die Grenzbesetzung geschaffen hat und sich jetzt auf die Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag des Beginns der Grenzbesetzung im Jahre 2015 vorbereitet.

Einmalig prophetische Warnung

Jetzt hat David Accola, Oberst im Generalstab, der Historischen Gesellschaft Graubünden in einem reich bebilderten Vortrag einen Teil seiner Forschungsergebnisse präsentiert.

Dabei zeigte er auf, dass der nachmalige schweizerische Generalstabchef, der Bündner Theophil Sprecher von Bernegg, bereits 1906 in einer Schrift darauf verwiesen hatte, dass die Schweiz wohl in erster Linie durch einen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich gefährdet sein könnte, aber in zweiter Linie auch durchaus durch einen Konflikt an ihrer Südostgrenze. Eine einmalig prophetische Warnung von Sprechers, denn 1906 war dieser Krieg noch kaum denkbar, Italien im Dreibund mit Deutschland und Österreich-Ungarn sogar verbündet. Noch bei Kriegsausbruch 1914 wurde deshalb das Gros der mobilisierten Schweizer Armee an der Nordwestgrenze stationiert und das übrige Grenzgebiet nur schwach bestückt.

Neutrale Beobachter

Als dann im Mai 1915 Italien Österreich den Krieg erklärte, war einzig Sprecher davon keineswegs überrascht, sondern hatte Vorbereitungen getroffen, um sofort ein Bataillon ins Münstertal und auf den Umbrail zu verlegen. Dort oben taten nun die Offiziere und Soldaten, hauptsächlich aus Graubünden und dem St. Galler Oberland, ihren Dienst und wurden aus nächster Nähe zu neutralen Beobachtern eines ganz und gar aussergewöhnlichen Hochgebirgskrieges, in dem sich die Gegner bis in die höchsten Eiswände nachkletterten, Kanonen bis auf den fast 4000 Meter hohen Ortler geschleppt und die gegnerischen Gipfelstellungen durch Tunnels unterminiert und auch gesprengt wurden.

Der einzige Schweizer Gefallene

Dem schweizerischen Generalstab war es vor allem darum zu tun, einen italienischen Durchbruch über den Umbrail und ins Münstertal und dann ins Vinschgau in den Rücken der österreichischen Truppen aus neutralitätspolitischen Gründen zu verhindern. Doch nach der ersten Phase flauten die Kämpfe am Stilfserjoch ab und wurden zum Stellungskrieg, scharf beobachtet von den nur wenige hundert Meter entfernten Schweizer Truppen.

Vor allem der schweizerische Beobachtungsposten auf der Dreisprachenspitze, wo ein Hotel stand, ragte weit ins Kampfgebiet zwischen Italien und Oesterreich hinein, so dass sich mehrfach italienische und österreichische Soldaten über schweizerisches Territorium hinweg beschossen. Dies wurde 1916 dem Schweizer Soldaten Gieri Cathomas aus Domat/Ems auf der Dreisprachen-Spitze zum Verhängnis. Er wurde von einer italienischen Kugel tragischerweise tödlich getroffen, so dass er als einziger gefallener Schweizer Soldat des Ersten Weltkriegs in die Geschichtsbücher einging.

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