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Die epische Rückkehr der Sprinterin Van der Graaff

Vor einer Woche ganz unten, gestern im Finale. Langlauf-Sprinterin Laurien van der Graaff durchlitt die vielleicht turbulenteste Phase ihrer Karriere. Ihre Erleichterung nach Rang 6 auf der Heimloipe in Davos war greifbar.

Südostschweiz
22.12.14 - 01:00 Uhr

Von Johannes Kaufmann

Langlauf. – Als der Platzspeaker gestern vor dem Sprint-Finale in Davos den Namen von Laurien van der Graaff nannte, quittierte dies die Läuferin mit einer strahlenden Jubelpose. Sämtlicher Druck war da längst von den schmalen Schultern der Läuferin aus Davos gewichen. «Ich war überglücklich über meinen Finaleinzug und hatte mein Soll längst erfüllt», sollte sie dazu später sagen. Die Kraftreserven reichten nicht mehr für einen Effort im finalen Lauf des Tages, der mit dem siebten Davos-Sieg der norwegischen Langlaufkönigin Marit Björgen zu Ende ging. Van der Graaff verlor früh den Kontakt, forcierte nicht mehr und freute sich am Ende trotzdem uneingeschränkt über Rang 6, ihr zweitbestes Ergebnis vor der Haustüre. Im Dezember 2011 war sie auf Platz 5 eingelaufen.

Training nicht hinterfragt

Damals startete Van der Graaff mit dem Selbstbewusstsein ihres unmittelbar zuvor in Düsseldorf realisierten ersten Weltcup-Podestplatzes. Drei Jahre später trat die Sprint-Spezialistin mit der Verunsicherung von drei Nicht-Qualifikationen bei drei Weltcup-Einsätzen an. Vor allem Rang 39 vor Wochenfrist auf der Heimloipe war eine schallende Ohrfeige. Offensichtlich lag dies auch an suboptimalem Material an den Füssen. Dieser Hinweis war indes wiederholt zu hören aus dem Lager der in den Niederlangen geborenen Läuferin. «Irgendwann», sinnierte ihr Privatcoach Christoph Schmid, «sind derlei Erklärungen bei notorisch ausbleibenden Erfolgen sehr schwierig zu verkaufen.»

Deshalb ist dieses Resultat ungemein wichtig für Laurien van der Graaff, ihren Trainer und ihr Umfeld. Es verhindert eine belastende Ursachenforschung über die Weihnachtstage. «Es war nicht einfach weiterhin voll und ganz an meine Fähigkeiten zu glauben», gestand die 27-Jährige, die ihre vielleicht turbulenteste Phase in ihrer Karriere durchlitt.

Bewusst wurde dabei keinerlei Aktionismus entwickelt. Schmid verzichtete auf neue Reizpunkte im Alltag. Es wurde einfach in Davos ruhig weitergearbeitet. Die Rechnung ging auf. Van der Graaff überzeugte mit Rang 2 im Prolog bloss einen Wimpernschlag hinter Björgen. Danach spürte sie eine riesige, befreiende Erleichterung. «Ab sofort konnte ich nur noch gewinnen», fasste sie dies in Worte. Es folgte ein souveräner Sieg im Viertelfinal. Im Halbfinal büsste sie auf der zweiten Runde für ihre offensive Gangart. Den Finaleinzug realisierte sie in extremis über die Zeit. Nun deutet vieles daraufhin, dass Laurien van der Graaff gestärkt aus der Krise findet. «Es war nicht einfach vor der Haustüre auf der selben Strecke diese Reaktion zu zeigen», sagte Schmid, «Kompliment, wie sie das gemeistert hat.» Van der Graaffs nächstes Ziel ist die Tour Ski. Dort will sie in der dritten Etappe, dem Freilstil-Sprint im Münstertal, abermals zuschlagen.

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