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Die Angst geht um im Formel-1-Paddock

Die Verunsicherung über die neuen Boxenfunk-Regeln in der Formel 1 ist gross. Mehr noch fürchten die Fahrer aber Strafen wegen der unzuverlässigen Antriebssysteme. Sebastian Vettel und Fernando Alonso könnte es schon in Singapur treffen.

Südostschweiz
19.09.14 - 02:00 Uhr

Von Peter Lattmann

Automobil. – An einer Sitzung der Teamchefs mit Renndirektor Charlie Whiting und den FIA-Stewards sind die Details der neuen Kommunikations-Vorschriften und die Strafen bei allfälligen Vergehen gestern noch einmal erläutert und besprochen worden. Für viele ist der Einschnitt vor allem auf der bisher genau konzertierten Einführungsrunde vor dem Start zu radikal. Die Mehrheit der Fahrer sieht die jüngste Entwicklung aber positiv, weil sie ihnen nicht nur mehr Verantwortung, sondern auch mehr Freiheiten einräumt. Zu den grössten Befürwortern gehören die beiden Titelanwärter, deren bisheriger Funkverkehr mit der Mercedes-Zentrale am meisten kritisiert worden ist.

Gefahr für Vettel und Alonso

«Ich fühle mich wohler im Auto, wenn ich nicht ständig Anweisungen bekomme», gestand Hamilton, der seinen 22-Punkte-Rückstand auf Nico Rosberg in Singapur als vordringliches Ziel weiter verkleinern will. Ein zweites Mal darf er dabei nicht auf Schützenhilfe seines Titel-Gegners hoffen. Der Deutsche ärgert sich noch immer über die zwei verpassten Bremsmanöver, die ihn in Monza den Sieg gekostet haben. Über die Unterstellung, er könnte das auf Druck der Teamchefs als Wiedergutmachung für die von ihm verschuldete teamintere Karambolage in Spa absichtlich gemacht haben, konnte er nur lachen. Wenn es um den WM-Titel geht, gibt es keinen Platz für Sentimentalitäten.

Die Gefahr eines neuerlichen Zwischenfalls mit den beiden Mercedes-Fahrern besteht weiter. Nicht aus diesem Grund geht Angst um im glitzernden Paddock des Marina Bay Street Circuits. Dafür verantwortlich ist die gestern veröffentlichte Liste der im bisherigen Verlauf der Saison verwendeten Turbomotoren und ihrer Zusatzaggregate. Danill Kwjat hat im Tooro Rossi sein Kontingent an Triebwerken als erster aufgebraucht und sah sich deshalb schon in der Startaufstellung von Monza um zehn Plätze zurück versetzt. Gleiches droht jetzt gleich sieben Fahrern: Fernando Alonso, Kimi Räikkönen, Adrian Sutil, Jules Bianchi und Max Chilton haben bereits ihren fünften Ferrari-Motor im Einsatz, Sebastian Vettel und Pastor Maldonando haben ebensoviele Renault-V6 verschliessen. Auch bei den Zusatzaggregaten sieht es düster aus. Ausserhalb des Gefahrenkreises sind nur noch die vier Mercedes-Teams und Schlusslicht Caterham, dem Zurückversetzungen gar nicht mehr schaden würden.

Bei Sauber herrscht ebenfalls Alarm. Sutil ist schon beim fünften Triebwerk, Turbo und Generator angelagt, der etwas von der Rolle geratene Esteban Gutiérrez bei der fünften Kontrolleinheit. Ungeachtet dessen wird bei den Schweizern alles unternommen, um noch zu einem Erfolgserlebnis zu kommen. Allein schon die Wiederholung des Vorjahresergebnisses wäre Balsam auf die in dieser Saison aufgerissenen Wunden. Das Team wäre auch erlöst, wenn Sutil auf derselben Position ins Ziel käme wie im Vorjahr. Der aktuelle Sauber-Pilot hatte die sechste Auflage des einzigartigen Nachtrennens im Force India als Zehnter hinter Nico Hülkenberg, mit dem er in der Folge das Cockpit getauscht hat.

Da der Marina Bay Street Circuit weniger leistungsabhängig ist als die letzten Kurse und der Sauber C33 mit einem neuen Aeropaket bestückt ist, herrscht noch einmal Aufbruchstimmung im Schweizer Team. Dass in Singapur immer mit Zwischenfällen gerechnet werden muss, erhöht die Chancen auf den ersten WM-Punkt, die Marussia und Lotus schon auf dem Konto haben. «Wir haben einen modifizierten Heckflügel und eine neue Motorenabdeckung, die uns weiter bringen könnten. Da die Motorenleistung mit 23 Kurven auf jeder Runde weniger wichtig ist als der mechanische Grip, könnten wir diesmal besser aussehen», sagt Sutil.

Körperliche Herausforderung

Wegen der vielen Bodenwellen, dem für schnelle Runden unabdingbaren Überfahren der Randsteine, der nächtlichen Startzeit und der ungewöhnlichen Dauer des Rennens werden nicht nur die Autos, sondern auch die Fahrer mit ganz besonderen Schwierigkeiten konfrontiert. «Die hohe Luftfeuchtigkeit ist eine zusätzliche körperliche Herausforderung», findet Esteban Gutiérrez.

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