×

Der «schwarze Tod» geht in Deutschland um

Und wieder läutet das Sterbeglöcklein für eine deutsche Zeitung: Die «Frankfurter Rundschau» hat am Dienstag Insolvenz angemeldet. Vom «schwarzen Tod» in der Druckerbranche sind aber noch andere Printmedien bedroht.

Südostschweiz
15.11.12 - 01:00 Uhr

Von Fritz Dinkelmann

Berlin. – Wie immer, wenn ein Unternehmen am Ende ist, stellt sich die Schuldfrage, auch bei der «Frankfurter Rundschau». Die links-liberale Zeitung aus Hessen prägte jahrzehntelang die politische Diskussion, ein hochangesehenes Blatt mit phasenweise 1700 hochqualifizierten Mitarbeitern. Doch spätestens seit 2003 war klar, dass die «Frankfurter Rundschau» riesige Probleme hat. Der Verlag musste beim hessischen Bundesland um Überbrückungshilfen betteln, und von da an suchte man einen Investor.

Vieles war vorher schiefgelaufen, nicht zuletzt das, was bei den meisten deutschen Verlagen sträflich lang ignoriert wurde: das Internet. Plötzlich rutschten die Abo-Zahlen in den Keller und das Anzeigevolumen schrumpfte dramatisch. Die (logische?) Folge: ein radikaler Personalabbau. Bevor 2006 der damalige Chefredaktor Wolfgang Storz entlassen wurde, teilten dieses Schicksal schon viele Basismitarbeiter: Die Zahl der Stellen sank innerhalb weniger Jahre von 1700 auf 750 – heute sind es noch rund 500.

Kein zündendes Feuer

2006 wurde die «Frankfurter Rundschau» vom Kölner Verlag M. Du/Mont Schauberg übernommen, angeblich für 35 Millionen Euro. Es folgte der Versuch, die «Frankfurter Rundschau» mit der «Berliner Zeitung» zusammenzuschweissen. Resultat: Sprühende Funken, aber kein Feuer, das zünden konnte. Die «Frankfurter Rundschau» steuerte wie unaufhaltsam auf ihren Untergang zu. Im letzten Jahr schrieb die Zeitung ein Minus von 20 Millionen Euro.

Schon in den vergangenen 20 Jahren mussten etliche deutsche Zeitungen gegen den Untergang kämpfen, die wohl prominenteste schaffte es, die Krise zu überwinden. Die Wochenzeitung «Zeit» wurde in den Neunzigerjahren böse durchgeschüttelt, doch die Herausgeber glaubten an ihre Zeitung und machten nicht das, was (fast) alle andern Verleger als Parole herausgegeben hatten: sparen, sparen, Personal abbauen, Zeitungen ausdünnen. Heute steht die «Zeit» relativ gut da.

Aber, der «schwarze Tod» in der Druckerbranche kommt schleichend. Offenbar läutet noch in diesem Monat das Sterbeglöcklein für die «Financial Times Deutschland». Auch andere Namen werden genannt. Die deutschen Tageszeitungen stecken generell in einer tief greifenden Krise – wofür nicht nur das Internet verantwortlich zu machen ist. Aktuell gibt es noch 333 Tageszeitungen. Vor 20 Jahren waren es über 400. Dramatisch sieht es bei den Verkaufszahlen aus: 1991 wurden täglich über 27 Millionen Exemplare verkauft, heute sind es noch knapp 18 Millionen.

2034 ist definitiv Schluss

Die E-Papers taugten nicht als Lösung – die Verlage konnten mit ihnen den Auflageschwund nicht bremsen. Selbst das Boulevardblatt «Bild» hat bei E-Papers nur eine Auflage von 24 000. Medienprofessor Klaus Meier hat errechnet, dass zwischen 1992 und 2002 ein Rückgang verkaufter Tageszeitungen von elf Prozent zu verzeichnen war, und in der Folge bis 2011 noch einmal ein Minus von 19 Prozent. Meier rechnete weiter und kommt zur statistisch düsteren Prognose, dass 2022 noch etwa elf Millionen Zeitungsexemplare in Deutschland verkauft werden, und bis

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR