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Der romanischsprachige Autor Oscar Peer ist tot

Die romanische Literatur hat einen ihrer wichtigsten Vertreter verloren: Oscar Peer ist am Sonntag im Alter von 85 Jahren gestorben. Zu seinen bekanntesten Werken gehört die Erzählung «Eva und Anton».

Südostschweiz
27.12.13 - 01:00 Uhr

Von Mevina Puorger Pestalozzi*

In den letzten Jahren haben wir – Oscar Peer und ich – nebst den literarischen Gesprächen oft auch von den letzten Dingen gesprochen. Nein, er habe keine Angst vor dem Tod, meinte er. Und ja, er sei nun bereit. Der Weg in seinem Leben sei lang gewesen. Er hoffe, dass er noch seine Arbeit beenden könne. Sein «Hannes» liege ihm doch so am Herzen. Er hoffe, einen Verleger zu finden.

Immer in zwei Sprachen geschrieben

Wir hatten eben die gemeinsame Arbeit für seine Erzählung «Eva ed il sonch Antoni/Eva und Anton» begonnen. Wie bei anderen Texten hatte Peer auch für seine romanische «Eva» und die erweiterte Fassung «Eva ed il sonch Antoni» die deutsche Fassung bereits in der Schublade, als ich ihm die zweisprachige Ausgabe von «Eva» als vierten Band im Limmat-Verlag vorschlug.

Peer hat immer in seinen beiden Sprachen, Romanisch und Deutsch, geschrieben. Eine seiner ersten Erzählungen, «Der Traum», erschien auf Deutsch, 1954 in der renommierten Monatszeitung «Du». «Der Traum» beschreibt den Traum eines jungen Holzfällers, der seinen eigenen Tod träumt. Tatsächlich stirbt der Holzfäller am folgenden Tag bei einem Unfall im Wald – sein Pferd hat den Tod im Traum und in Wirklichkeit erahnt.

Eine gespenstische Geschichte, die uns da vom 26-jährigen angehenden Lehrer erzählt wird. Und eine Geschichte, in der das zentrale Leitmotiv von Peers Werk schon klar erkennbar ist: das Schicksal des Einzelkämpfers, das erdrückende Kreuz des einsamen Menschen. Peer beschreibt es mit Simon in seiner Meisternovelle «Akkord», nimmt es auf mit Chasper im «Alten Haus», beschreibt es schon in seinem ersten Roman «Hannes». Und damit bebildert er «Grundgefühle und Erfahrungen unserer Zeit», um es mit seinen eigenen Worten zu sagen.

Ein literarisches Denkmal gesetzt

Diesem Grundgefühl hat Peer in seinem Erinnerungsbuch «Das Raunen des Flusses» («La rumur dal flüm») eine wunderbare Form gegeben und mit den Bildern seiner Kindheit und Jugend seiner Familie sowie seinem Tal und seiner Zeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein literarisches Denkmal gesetzt. «Das Raunen des Flusses» ist vielleicht sein emotionalstes Werk. Dieses Buch ist dem Autor zufolge «so gesagt, dass man es beim Lesen sieht». Ich möchte anfügen, dass wir den Autor in solchen Seiten auch am besten hören.

In seinem grossen Werk wird die Stimme von Oscar Peer immer erklingen und bei uns sein. Für sein nachhaltiges Erbe gebührt ihm unser Dank.

* Mevina Puorger Pestalozzi ist Lehrbeauftragte der Philosophischen Fakultät der UniZürich im Bereich Rätoromanisch und an der Volkshochschule Zürich. Sie übersetzt und publiziert rätoromanische Literatur.

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