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Der Ort selbst liefert ihnen die Ideen für ihre Arbeiten

Die bildenden Künstler Hannes und Petruschka Vogel erhalten den diesjährigen Bündner Kulturpreis. 19 weitere Kulturschaffende werden mit Anerkennungs- und Förderungspreisen bedacht.

Südostschweiz
19.09.14 - 02:00 Uhr

Von Valerio Gerstlauer

Mathon/Chur. – «Das wäre nicht nötig gewesen.» Mit diesen Worten habe seine Frau auf die Mitteilung reagiert, mit dem Bündner Kulturpreis ausgezeichnet zu werden, erzählt Hannes Vogel lachend. «Jetzt, einige Stunden später, erträgt sie es aber auch – sie nimmt es hin.» Er jedenfalls habe eine «Saufreude».

Das Künstlerpaar Hannes und Petruschka Vogel aus Mathon erhalten laut Mitteilung der Bündner Regierung den diesjährigen Kulturpreis gemeinsam in Würdigung ihres international anerkannten künstlerischen Schaffens in den Bereichen Malerei, Fotografie, Text- und Konzeptkunst. Ihre Kunst stelle im Wissen um die besondere Bedeutung des Ortes und seiner historischen Dimensionen ästhetisch überzeugende Werke in sinnstiftende Zusammenhänge. Der Preis ist mit insgesamt 30 000 Franken dotiert.

Lange Zeit im Hintergrund gewirkt

Ja, sagt der 1938 in Chur geborene Hannes Vogel, er und seine Frau seien in verschiedenen Kunstsparten tätig, allerdings liege der Fokus auf der Kunst im öffentlichen Raum. Der Malerei widme er sich alleine, wohingegen bei der Fotografie auch Petruschka ihre Ideen einbringe. «Wer was beigetragen hat, ist dann oft nicht mehr nachzuvollziehen.»

Die Zusammenarbeit des Künstlerpaars geht bis in die Siebzigerjahre zurück. Die heute 71-jährige Petruschka Vogel arbeitete ursprünglich im Architekturbereich, daraus entwickelte sich ein grosses Interesse an Arbeiten im öffentlichen Raum und an Kunst-am-Bau-Projekten. Bald begann man, gemeinsame Ideen zu entwickeln. Doch selbst wollte Petruschka Vogel nicht in der Öffentlichkeit stehen. So galt lange Zeit allein ihr Mann als Verantwortlicher für die Projekte. Erst Ende der Achtzigerjahre traten die beiden auch öffentlich als Künstlerpaar in Erscheinung.

Als eigentlicher Startschuss für ihre Tätigkeit im öffentlichen Raum bezeichnen Hannes und Petruschka Vogel ihre Arbeit «Wegmarkierungen», die sie 1981 an einem Hochkamin in Basel anbrachten. Das im Stil einer Wandermarkierung angebrachte Zeichen verwies auf die Geschichte des Geländes, auf dem der Hochkamin stand. Denn exakt an dieser Stelle siedelten die Helvetier, bevor sie ihr Stammesgebiet im Jahr 58 vor Christus Richtung Westen verliessen, um nach der Schlacht bei Bibracte wieder in die Region Basel zurückzukehren. «Der damalige Stadtarchitekt begriff, dass wir mit unseren Projekten die Stadt aufgriffen», erzählt Hannes Vogel. Daraufhin hätten sie viele weitere Arbeiten im öffentlichen Raum von Basel ausführen dürfen. In Chur realisierte das Künstlerpaar beispielsweise die Neonarbeit «Trari trara Die Post ist da!» beim Bahnhofplatz. In den vergangenen Jahren erregten die Vogels vor allem durch zwei in Österreich umgesetzte Projekte Aufmerksamkeit. Dabei gestalteten sie in Graz und Salzburg je einen Platz nach ihren Vorstellungen.

«Weitreichende Recherchen»

Laut Beat Stutzer, ehemaliger Direktor des Bündner Kunstmuseums in Chur, leisten Hannes und Petruschka Vogel seit Jahren und Jahrzehnten hervorragende Arbeit. Charakteristisch sei, dass sich Hannes Vogel stets intensiv mit dem Ort auseinandersetze, an dem eine Arbeit entstehe. Seine Recherchen seien weitreichend, damit daraus eine Geschichte des Ortes erzählt werden könne. «Die Arbeiten der Vogels sind hintersinnig, nicht einfach zu verstehen, aber entsprechend nachhaltig.»

Ins Auge falle ausserdem die Beschäftigung mit Literatur, vor allem mit James Joyce, erklärt Stutzer. Literarische Texte verarbeite Hannes Vogel vielfach in seinen Arbeiten. Bezeichnend sei auch die Auseinandersetzung mit anderen Künstlern wie Marcel Duchamp und Giovanni Segantini. «Dabei gelingt es Hannes Vogel, mit seinen Arbeiten einen neuen Blick auf die Kunstschaffenden zu ermöglichen.» Das Resultat solcher Untersuchungen zeigt Hannes Vogel beispielsweise zusammen mit seinem Sohn Corsin Vogel im Buch «Die Wahrnehmung im Gebirg – 80, 90 und weitere Jahre nach Segantini», das 2013 erschienen ist.

Der Bündner Kulturpreis sowie die Anerkennungs- und Förderungspreise werden am Freitag, 14. November, um 17.15 Uhr im Grossratssaal in Chur überreicht.

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