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Der Kanton soll bei seinen Energiesparzielen abmagern

Der kantonale Energierichtplan hat mit der Atomkatastrophe in Japan eine unbeabsichtigte Aktualität erhalten. Die landrätliche Kommission wird trotz allem eine Verwässerung der Sparziele beantragen.

Südostschweiz
28.03.11 - 02:00 Uhr

Von Daniel Fischli

Glarus. – In der Energiepolitik gibt es eine Zeit vor der Katastrophe von Fukushima und eine Zeit danach. Nicht so für die landrätliche Kommission Energie und Umwelt. In ihrem Bericht zum regierungsrätlichen Entwurf des kantonalen Energierichtplanes beantragt die Kommission dem Landrat, die richtungsweisenden Sparziele zurückzuweisen. Beschlossen hat die Kommission das schon vor dem GAU in Japan. Doch es sei nicht vorgesehen, nach dem GAU über die Bücher zu gehen, erklärt Kommissionspräsident Peter Zentner (FDP, Matt).

«Schwächung der Wirtschaft»

Der Kanton hatte in seinem Entwurf des Energierichtplanes bescheidene Sparziele formuliert: Erneuerbare Energien seien «vermehrt» zu nutzen und nicht erneuerbare «sparsam» einzusetzen.

Oder etwas konkreter: Der Gesamtenergiebedarf sei zu senken und die erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) auszubauen, sodass Letztere bis ins Jahr 2020 ihren Anteil von heute acht Prozent «deutlich erhöhen» könnten. Und der Anteil Energie aus Kleinwasserkraftwerken sei zu verdoppeln.

Die vorberatende landrätliche Kommission war damit aber nicht einverstanden. Sie wendet sich zwar nicht gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Sie meint aber, die Senkung des Gesamtenergieverbrauches führe «zu einer Schwächung der Wirtschaft», wie es im Kommissionsbericht heisst. Weiter kann man ihm entnehmen, es sei argumentiert worden, «eine Verringerung des Energieverbrauches führe zu einer Schrumpfung der Wirtschaft. Gerade aber die Gemeinde Glarus Süd könne sich das nicht leisten.» Falls der Landrat – voraussichtlich an der Sitzung vom 20. April – dem Antrag seiner Kommission folgen sollte, müsste der Regierungsrat in diesem Punkt noch einmal über die Bücher.

Zwei Vertreter der Stromwirtschaft

Der Präsident der Gemeinde Glarus Süd, die für die Argumentation herhalten muss, sitzt selber in der Kommission Energie und Umwelt. Gegenüber der «Südostschweiz» wollte Thomas Hefti (FDP) aber nicht Stellung nehmen. Hefti ist ausserdem Vizepräsident der SN Energie und als solcher naturgemäss eher am Verkauf von Strom als an dessen Einsparung interessiert.

Ausser Hefti sitzt mit Tony Bürge (SP, Näfels), dem Geschäftsleiter der Technischen Betriebe Glarus Nord, noch ein zweiter Vertreter der Elektrizitätswirtschaft in der landrätlichen Kommission. Auch Bürge wollte sich gegenüber der «Südostschweiz» nicht äussern.

Grüner Widerspruch

Gar nichts mit den Argumenten gegen das Energiesparen anfangen kann Landrätin Priska Müller (Niederurnen), die für die Grünen in der Kommission Energie und Umwelt sitzt: «Das sind rückwärtsgewandte Ideen. Der Regierungsrat war auf dem richtigen Weg, die Haltung der Kommission widerspricht dagegen einer zukunftsorientierten und nachhaltigen Energiestrategie», meint sie zum Rückweisungsantrag.

Energiesparmassnahmen bedeuteten keine Schwächung der Wirtschaft, so Müller. Sondern im Gegenteil eine Unterstützung des lokalen Gewerbes, das etwa durch Gebäudesanierungen zu zusätzlichen Aufträgen komme.

Glarus. – Die landrätliche Kommission Energie und Umwelt möchte an drei Orten eine stärkere Nutzung der Wasserkraft zulassen, als es der Regierungsrat beantragt. Sie schlägt deshalb dem Landrat die Rückweisung der entsprechenden Passagen des Energierichtplanes vor.

Am bekanntesten ist dabei der Fall des Chüebodensees oberhalb von Elm. Im Jahr 2009 hatte das Elektrizitätswerk Elm ein Projekt vorgestellt, das den Bergsee zur Stromproduktion und zur Pistenbeschneiung nutzen will. Angesichts des Widerstandes des Besitzers der Alp hatte der Regierungsrat den See ins Ausschlussgebiet für neue Wasserkraftanlagen aufgenommen.

Die Kommission ist gegenteiliger Meinung: Die Nutzung des Sees sei für die Gemeinde Glarus Süd und die Sportbahnen Elm «sehr wichtig», heisst es im Kommissionsbericht.

Ebenfalls aus dem Ausschlussgebiet entlassen und damit für eine allfällige Nutzung freigeben will die Kommission den Krauchbach in Matt. Er verfüge über ein grosses, noch nicht genutztes Potenzial.

Und schliesslich will die Kommission den Sernf stärker zur Nutzung freigeben als es der Regierungsrat vorschlägt.

Der Regierungsrat beantragt, dass in Sernf und Linth bei der Nutzung neuer Strecken «erheblich höhere» Restwassermengen gelten, als es gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Sernf sei aber nicht mit der Linth vergleichbar, argumentiert die Kommission. (df)

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