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Der Gesundheitsdirektor hat einen Patienten

Rund 55 Millionen Franken im Minus. Das ist das Defizit, das fürs kommende Jahr erwartet wird. Überrascht hat diese Zahl niemanden. Für die nächsten Jahre sind noch einige weitere Defizite angekündigt.

Südostschweiz
25.10.14 - 02:00 Uhr

Der Finanzplan von 2016 bis 2018 zeigt Einbussen von gegen 100 Millionen Franken. Eine solch tiefrote Phase hat der Kanton Graubünden das letzte Mal von 1997 bis 2003 erlebt. Im 2003 war der Kanton hoch verschuldet, das ist er heute nicht mehr. Auch die Eigenkapital-Situation unterscheidet sich zu damals deutlich: Sie beträgt heute komfortable 2,7 Milliarden Franken, damals waren es nur gerade 14 Millionen Franken. Wie viel Geld von dieser Milliardensumme allerdings tatsächlich liquid verfügbar ist, dürfte entscheidend sein. Der grosse Teil ist an Vermögenswerte gebunden und stellt einen rein buchalterischen Wert dar. Substanziell frei verfügbares Einkommen ist derzeit zwar vorhanden, nur muss dieses fette Sparschwein jetzt unter dem Bett hervorgeholt werden. Und dieses verfügbare Eigenkapital wird jährlich um einen erklecklichen Millionenbetrag abgebaut.

Dem Kanton Graubünden geht es im schweizweiten Vergleich sehr gut, Spardruck wie im 2003 gibts momentan keinen. Die kräftige Eigenkapitalbasis stärkt dem Grossen Rat für grosszügige Mehrausgaben zwar noch den Rücken, doch die Realität ist, dass nur an diesen Mehrausgaben wie beispielsweise dem Schulbereich oder in der Kultur überhaupt gespart werden könnte. Und das wird wehtun. Der wirklich grosse Brocken sind die Ausgaben an Dritte, die nicht wesentlich gesenkt werden können. Diese Beiträge sind gesetzlich verankert. Und sie steigen massiv – und dies bei getrübter Konjunkturlage und lauem Wirtschaftswachstum. Die Mehrbelastung der Kantone durch die neue Spitalfinanzierung ist seit 2011 bereits um 2,8 Milliarden gestiegen – wo führt das hin? Diese Frage sollte besonders mit Blick auf die Bundesebene und die Ungewissheiten im nationalen Finanzausgleich und der Unternehmenssteuerreform III Sorge bereiten. Fürs 2015 wird in Graubünden im dynamischen Ausgabenbereich mit einem Wachstum von 3,5 Prozent auf 940 Millionen gerechnet. Der Bärenanteil geht an die Spitäler und Kliniken. Die öffentliche Hand zahlt die Zeche, die Versicherer sind die Gewinner. Und bei diesem Patient ist keine Besserung in Sicht. Nur: Wenn gespart werden muss, dann sollte der Hebel auch bei den Gesundheitskosten angesetzt werden. Aber so, dass die Gesundheit nicht tangiert wird – das ist möglich. Gesundheitsdirektor Christian Rathgeb wird besonders gefordert sein, wenn es darum geht, bei den Spitälern Sparpotenzial offenzulegen. Auch das ein wesentlicher Unterschied zum 2003: Nicht die Finanzministerin, der Gesundheitsdirektor hat einen Patienten.

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