×

Der Euro-Mindestkurs soll weg

Nach der Einführung von Negativzinsen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) stellen jetzt namhafte Finanzplatzvertreter den Euro-Mindestkurs von 1.

Südostschweiz
21.12.14 - 01:00 Uhr

1.20-Untergrenze gelte zu lange, kritisieren Finanz-Schwergewichte wie Martin Ebner, Oswald Grübel und Kurt Schiltknecht

Von Michael Heim, Patrik Müller und Benjamin Weinmann

20 Franken infrage. Die Negativzinsen sind laut der Nationalbank nötig, um die 1.20er-Grenze verteidigen zu können.

Financier Martin Ebner kritisiert, die Bindung des Frankens an den Euro habe vor drei Jahren vielleicht Sinn gemacht, «aber sie dauert nun schon viel zu lange». Seine Forderung: «Die Aufhebung ist unausweichlich.» Der Entscheid der Nationalbank vom Donnerstag, Negativzinsen einzuführen, sei «hilflos»: «Er zeigt, dass sich die SNB in etwas hineingeritten hat, aus dem sie nun fast nicht mehr rauskommt», sagt Ebner.

Auch Kurt Schiltknecht, Ex-Chefökonom der SNB, ist überzeugt, dass Negativzinsen nicht die gewünschte Wirkung hätten: Sie könnten den Kapitalfluss in die Schweiz nicht stoppen, sondern würden höchstens die Immobilienpreise in die Höhe treiben. Auch Schiltknecht ist für ein Ende des 1.20-Mindestkurses, wie er zu Radio SRF sagte. Er regt eine Senkung auf 1.10 Franken an.

<strong>Für den Ex-UBS-Chef </strong>und «Schweiz am Sonntag»-Kolumnisten Oswald Grübel zeigt sich jetzt, dass die Kursuntergrenze «von Anfang an eine Schnapsidee» war. Die Anbindung sei heute umso fragwürdiger, als die Europäische Zentralbank gerade versuche, «den Euro weiter zu schwächen, um ihre Wirtschaft anzukurbeln». Die Konsequenz sei, dass die Schweiz den Franken ebenso schwach machen müsse. Sie könne dann genauso gut der Eurozone beitreten. Auch der emeritierte Zürcher Wirtschaftsprofessor Martin Janssen plädiert für einen Ausstieg aus der Kursfixierung, wenn auch nicht plötzlich. «Die Nationalbank muss einen Ausstiegspfad definieren und den Mindestkurs jeden Tag ein kleines Schrittchen absenken.» Nur so komme man wieder aus dieser Situation hinaus. Die anhaltende Kursstützung bei 1.20 Franken habe immer neue Interventionen zur Folge: «Das ist, wie wenn sie hinter Chur den Rhein stauen», sagt Janssen. «Irgendwann kommt das Wasser.» Lieber früher als später müsse sich der Franken aufwerten. «Er ist schlicht die stärkere Währung als der Euro.»

Nationalbank-Präsident Thomas Jordan hatte am Donnerstag gesagt, die SNB sei weiterhin bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen, um den Mindestkurs durchzusetzen. Die Negativzinsen sollten helfen, «Frankenanlagen weniger attraktiv zu machen, wodurch sich der Aufwertungsdruck auf den Franken verringert». Politiker aus SP, CVP und FDP begrüssten die Massnahmen, weil eine Aufwertung des Frankens für die Exportwirtschaft und den Tourismus schädlich wäre.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR