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Der Bausparer, das unbekannte Wesen

Bausparen ist nur im Kanton Basel-Landschaft möglich. Genutzt wird diese Steuerabzugsmöglichkeit wenig – und vor allem von Menschen, die sie nicht nötig haben. Ein Beispiel.

Südostschweiz
14.02.12 - 01:00 Uhr

Von Michael Nittnaus

Liestal. – Der Bausparer ist ein schwer fassbarer Zeitgenosse. Er ist seit 20 Jahren ausschliesslich im Kanton Basel-Landschaft heimisch, ist aber klar Angehöriger einer Minderheit. Laut Benjamin Pidoux von der Baselbieter Steuerverwaltung nutzen rund 2100 der 160 000 Steuerpflichtigen diese Möglichkeit. Sie zahlen während maximal zehn Jahren jährlich bis zu 13 000 Franken auf ein Bausparkonto ein und ziehen dies von den Steuern ab. Bei Ehepaaren ist das Doppelte erlaubt (siehe Kasten). Wie Pidoux weiss, gibt es denn auch kaum Einzelsparer. Im Durchschnitt ziehen die Baselbieter Bausparer jährlich 16 000 Franken ab, schöpfen den Maximalbetrag also nur selten aus. «Meist sind es junge Familien mit dem Traum vom Eigenheim», sagt Pidoux.

«Ich war lange skeptisch»

Auftritt Familie Schreibmüller: Der 38-jährige Raymond und die zwei Jahre jüngere Jenny Schreibmüller lebten bis vor fünf Jahren zusammen in einer Basler Dreizimmerwohnung zur Miete. Als sich dann der kleine Joshua ankündigte, war klar: Eine grössere Wohnung musste her. «Damals musste es schnell gehen, also kam ein Hauskauf nicht infrage», erinnert sich Raymond Schreibmüller. Sie mieteten deshalb in Ettingen ein Haus mit fünfeinhalb Zimmern. Dort wohnen sie noch heute – seit zweieinhalb Jahren dank der kleinen Julia zu viert. «Langfristig ist mieten aber teuer», merkt Schreibmüller an. Zudem sei ihnen von der Vermieterin signalisiert worden, dass sie das Haus einmal an ihre Kinder weitergeben möchte.

Über Freunde habe er vom Bausparen erfahren. «Ich war lange skeptisch, weil man sich verpflichtet, innerhalb der nächsten zwölf Jahre ein Haus zu kaufen – sonst müssen die Steuerabzüge zurückgezahlt werden.» Aktuell stehe ein Freund, der noch nicht in der Lage sei zu kaufen, genau vor diesem Problem.

In privilegierter Situation

Nach rund einem Jahr im Mietshaus setzte Schreibmüller dennoch einen Wohnsparplan auf. Der Grund: gestiegene Ansprüche. «Als IBM-Berater war ich früher viel unterwegs. Um meine Kinder öfter zu sehen, habe ich den Job gewechselt. Da wurden auch die eigenen vier Wände wichtiger.» Doch das Bausparen war stets nur eine von mehreren Säulen. Schreibmüller sagt klar: «Ich hätte auch ohne Steuerabzug ein Haus kaufen können, doch weil es die Möglichkeit gab, nutzte ich sie.» Offen gibt er Auskunft über sein Einkommen, das er mit «über 100 000 Franken pro Jahr» beziffert. Seine Frau ist seit der Geburt des ersten Kindes nicht mehr berufstätig. Damit gehören die Schreibmüllers zu jener hohen Einkommensstufe, die laut Daten der Steuerverwaltung von 2005 überdurchschnittlich viele Bausparer aufweist.

Mittlerweile läuft der Wohnsparplan im fünften Jahr. Das genügte der Familie, denn kürzlich konnte sie ein Haus in Aesch erwerben. Im April gehört es offiziell ihnen, im Mai steht der Umzug an. Insgesamt haben sie 58 Monate Bausparen betrieben – ganze zwei Monate zu wenig lang, um auch noch vom Kanton eine Bausparprämie zu erhalten. «Wir hatten unser Traumhaus gefunden und wollten nicht länger warten», sagt Schreibmüller und unterstreicht damit seine gute finanzielle Lage. «Man muss ja auch realistisch sein: Mit einem steuerbaren Einkommen von 40 000 oder 60 000 Franken muss sich niemand ein Haus kaufen wollen.» In fünf Bausparjahren konnte der Alleinversorger 75 000 Franken auf die Seite legen. Die ersten drei Jahre sei er noch vorsichtig gewesen. Als dann aber ein Kauf absehbar war, folgte zweimal der Maximalbetrag von rund 25 000 Franken. Den Rest zahlte Schreibmüller aus den Rücklagen der 3. Säule und seinem Vermögen.

Abschaffung «kein Weltuntergang»

Im Hinblick auf die beiden Bauspar-Abstimmungen vom 11. März und 17. Juni gibt sich Schreibmüller gleichgültig: «Es wäre kein Weltuntergang, wenn das Bausparen abgeschafft würde», meint er. Gleichwohl sei er für die schweizweite Einführung. Schaden könne der Abzug schliesslich nicht.

Der Kanton Basel-Landschaft fördert den Erwerb von Wohneigentum durch Bausparen, also steuerliche Vergünstigungen, sowie durch Bausparprämien, sobald ein Eigenheim gebaut oder gekauft wird. Ein Prämiensystem kennen auch andere Kantone. Im Gegensatz zum Bausparen ist diese Fördermethode rechtskonform.

Während die zur Abstimmung stehenden Initiativen der Schweizerischen Gesellschaft zur Förderung des Bausparens (SGFB, am 11. März) und des nationalen Hauseigentümerverbands (HEV, am 17. Juni) einen jährlich von den Steuern abziehbaren maximalen Fixbetrag festsetzen, ist das Baselbieter System komplizierter, dafür aber auch flexibler: Die maximal mögliche Summe ist an den jeweiligen Höchstbetrag an die Säule 3a für Arbeitnehmer gebunden. Dieser beträgt derzeit 6682 Franken. Eine Einzelperson kann nun während zehn Jahren das Doppelte (13 364 Franken), ein Ehepaar das Vierfache (26 728 Franken) auf ein Bausparkonto einzahlen. Die SGFB möchte dagegen maximal 15 000 Franken festsetzen, der HEV lediglich 10 000 (das Doppelte für Ehepaare).

Benjamin Pidoux von der Baselbieter Steuerverwaltung bevorzugt das eigene Modell: «Bei einem Pauschalbetrag wird die Teuerung nicht berücksichtigt. Sie müsste jeweils alle paar Jahre durch die Bundesversammlung angepasst werden.» Ebenfalls hält Pidoux wenig vom Zusatz der SGFB-Initiative, bis zu 5000 Franken jährlich steuerfrei für die Energiespar-Sanierung des eigenen Hauses sparen zu können: «Das ist halt ein Zückerchen für jene Stimmbürger, die bereits Hausbesitzer sind. Es hilft aber nicht, um die Zahl der Eigentumswohnungen in der Schweiz zu erhöhen.» Werden beide Initiativen angenommen, entsteht eine Mischform: Die Schweizweit verpflichtende Einführung und der niedrigere Maximalsatz (HEV) würden mit dem Energie-Bausparen und der Steuerbefreiung der Bausparprämien (SGFB) kombiniert. Werden beide Vorlagen abgelehnt, bedeutet das das endgültige Aus der Baselbieter Sondererlaubnis per Ende dieses Jahres. (mn/dh)

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