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Das Volk soll selber für freie Buchpreise stimmen

Zum Abschluss der Frühlingssession haben National- und Ständerat noch über die Buchpreisbindung abgestimmt. Das Parlament führt ein Preiskartell wieder ein – ein Referendum ist bereits angekündigt.

Südostschweiz
19.03.11 - 01:00 Uhr

Von Marcel Speiser

Bern. – «Seerücken», der neue Erzählband des Thurgauer Autors Peter Stamm, gibt es für Schweizer Kunden ab 19.90 Franken. Offiziell kostet das Buch des deutschen S.Fischer-Verlags in der Schweiz aber 28.90 Franken. Das sind 45 Prozent mehr.

Geht es nach dem Willen des Parlaments, sollen die hiesigen Konsumenten wieder gezwungen werden, die offiziellen Preise zu bezahlen. Und zwar überall. Gestern haben National- und Ständerat das neue Gesetz zur Buchpreisbindung angenommen.

Eingeführt wurde die Preisbindung in den 1970er-Jahren vom Branchenverband des Buchhandels. Die sogenannte «Marktordnung» hielt bis 2007. Wettbewerbskommission und Bundesgericht erklärten die abgesprochenen, einheitlichen Preise als «illegal». Was wiederum das Parlament nicht akzeptierte und einen neuen Anlauf nahm, der sich nach beinahe epischem Hin und Her gestern durchgesetzt hat.

Hoffnung auf Hilfe des Volkes

Jetzt kann nur noch ein Referendum die Wiedereinführung der Buchpreisbindung verhindern. Und es ist bereits lanciert: Mit dem Slogan «Nein zu teuren Büchern» will ein überparteiliches Komitee aus Vertretern der Jungparteien von FDP und SVP sowie Exponenten der Grünliberalen und der Piratenpartei die Buchpreisbindung mit Hilfe des Volkes bodigen. Präsidiert wird das Komitee von SVP-Nationalrat Sebastian Frehner (BS). Bereits Ende März soll mit der Unterschriftensammlung begonnen werden, kündigte das Komitee an.

An der gestrigen Medienkonferenz zeigten sich die Referendumsführer enttäuscht vom Entscheid der Räte und nannten ihn einen «Schildbürgerstreich». Die Geschäftsführerin des Konsumentenforums, Muriel Uebelhart, qualifizierte den Parlamentsentscheid in einer ersten Stellungnahme als «Ohrfeige für die Konsumenten». Die Wiedereinführung der Preisbindung diene «weder den Schweizer Autoren noch dem Schweizer Buchhandel».

Knappe Schlussabstimmung

Der Ausgang der Schlussabstimmung in den Räten war knapp. Der Ständerat nahm die Vorlage mit 23:19 Stimmen bei einer Enthaltung an, der Nationalrat stimmte mit 96:86 bei fünf Enthaltungen für die Preisbindung.

Die Freisinnigen würden die Buchpreisbindung ablehnen, sagte etwa die Urner FDP-Nationalrätin Gabi Huber. Der Wettbewerb auf dem Büchermarkt funktioniere, es gebe keinen Grund für staatliche Eingriffe. Profitieren würden bloss grosse Verlage und Internetanbieter. SP, Grüne und CVP plädierten für ein Ja. Aus ihrer Sicht profitieren die Konsumenten von der Preisbindung. Sie garantiere ein Bücherangebot, das nicht nur aus Bestsellern bestehe, fand die St. Galler SP-Nationalrätin Hildegard Fässler.

Der Buchhändlerverband ist über den Parlamentsentscheid zur Buchpreisbindung hoch erfreut. Geschäftsführer Dani Landolf sprach von einem «Freudentag für die Literatur». Der Migros-Buchhändler Ex Libris reagierte mit Unverständnis. Man fasse sogar eine Unterstützung des Referendums ins Auge, schrieb das Unternehmen in einer Mitteilung.

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