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Dank Pleiten in die rosarote Fussball-Bibel

Jürg Sigel ist

Südostschweiz
21.12.14 - 01:00 Uhr

Sportredaktor bei der

«Südostschweiz» Chur

<strong>Welches </strong>Schweizer Fussball-Team hat in diesem Jahr das grösste Interesse der internationalen Medien geweckt? Der FC Basel, der Champions-League-Achtelfinalist? Nein. Die Young Boys, 1/16-Finalist in der Europa League? Nein. Die Fussball-Nationalmannschaft. Nein. Die grösste Beachtung über die Landesgrenzen hinaus fand der FC Grenchen. Der 1.-Ligist kassierte so lange Steinzeit-Niederlagen, bis er in wichtigen Fussball-Ländern zum Thema wurde.

<strong>Die Vorgeschichte: </strong>Französische Investoren schienen mit dem FCG Grosses zu planen, wollten auf diese Saison hin einsteigen. Doch so schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden sie wieder. Spieler sprangen ab, mit Akteuren, die teilweise aus der 4. und 5. Liga geholt wurden, versuchte es Grenchen. Das Resultat: Nach 14 Spielen belegen die Solothurner in der 1.-Liga-Gruppe 2 den letzten Platz. Mit immerhin fünf Punkten, aber einem Torverhältnis von 10:80.

<strong>Dann, im November,</strong> vermeldete der FC Grenchen, dass die Mannschaft nicht 1.-Liga-würdig sei (welche Erkenntnis ...) und schickte gleich elf Spieler in die Wüste. Medien aus England und Frankreich begannen zu berichten – und die «Gazzetta dello Sport», die rosarote Fussball-Bibel Italiens. Auf dem Rasen wurde Grenchen richtiggehend verprügelt, neben dem Spielfeld hin- gegen europäisch. Dieses internationale Interesse könnte den Verein auf wundersame Weise retten. Vielleicht melden sich – diesmal vertrauenswürdige – Sponsoren und führen den fünffachen Schweizer Vizemeister aus dem Sumpf. Womit die Geschichte noch verrückter würde, als sie ohnehin schon ist. Sie ist so verrückt, dass selbst die nächste 0:10-Klatsche beste Werbung wäre. Denn der FC Basel kann in der Champions League Porto aus dem Wettbewerb werfen. Aber wirklich von internationalem Interesse wird 2015 zumindest in der ersten Jahreshälfte der FC Grenchen bleiben. Das kann irgendwann einem Lotto-sechser gleichkommen, der bei den Klubbossen vielleicht schon nächste Woche unter dem Weihnachtsbaum liegt. Die Geschichte des FCG ist derart irre, dass selbst dies nicht mehr erstaunen würde. Zumindest nicht wirklich.

jsigel@suedostschweiz.ch

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