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Churer Stadtrat oder Nationalrat? Kollegger hätte Bern vorgezogen

BDP-Grossrat Andy Kollegger hätte seine Kandidatur für das Churer Stadtpräsidium sausen lassen, wenn er in den Nationalrat gewählt worden wäre. Das wiederum hätte seine Partei in Verlegenheit gebracht.

Südostschweiz
26.10.11 - 02:00 Uhr

Von Dario Morandi

Chur. – Der Churer Gemeinderat und Grossrat Andy Kollegger hat bei den Nationalratswahlen ein Glanzresultat für die BDP eingefahren: Mit 11 129 Stimmen belegte der omnipräsente Hoffnungsträger der BDP Chur Platz zwei hinter dem wiedergewählten BDP-Nationalrat Hansjörg Hassler, der 21 421 Stimmen auf seine Person vereinigen konnte. «Wäre ich gewählt worden, hätte ich die Wahl angenommen», sagt Kollegger rückblickend. Und diese Aussage hat eine gewisse parteipolitische Brisanz.

Ein gröberes Personalproblem

Hätte Kollegger am Wochenende den Sprung ins Bundesparlament tatsächlich geschafft, sähe sich die BDP Chur mit einem gröberen Personalproblem konfrontiert. Denn Kollegger ist von der Partei unlängst zum Kronprinzen für die Nachfolge von BDP-Stadtpräsident Christian Boner gekürt worden. Dieser tritt Ende 2012 wegen Amtszeitbeschränkung zurück. Und auf die Schnelle ist weder eine valable Kandidatin noch ein valabler Kandidat auf der «Ersatzbank» der BDP auszumachen.

Diese Frage stellt sich nicht

Sollte Hassler, der seit 1999 im Nationalrat mit von der Partie ist, vorzeitig zurücktreten, könnte Kollegger dereinst aber auch in die grosse Kammer nachrücken. Reizen würde ihn das schon. Er sagt auch warum: Das Mandat umfasse bloss ein 60-Prozent-Arbeitspensum. «Damit hätte ich mich zusätzlich in meinem Fachgebiet, der Energiewirtschaft, beruflich engagieren können», sagt der Elektroingenieur. Aber für ihn stellt sich zumindest jetzt diese Frage nicht. Kollegger geht davon aus, dass Parteikollege Hassler die gesamte vierjährige Legislaturperiode in Bern «absitzen» wird.

Auch noch einen anderen Grund

Es sieht ganz danach aus, dass Kollegger dem Kanton Graubünden als Grossrat und der Stadt Chur vorläufig als Gemeinderat erhalten bleibt. Denn Nationalrat Hassler trägt sich nicht mit dem Gedanken, vorzeitig zurückzutreten, damit bald Kollegger nachrücken könnte. «Ich bin soeben für vier Jahre wiedergewählt worden und werde bleiben», stellt er klar. Neben der Wählergunst hat dies auch noch einen anderen guten Grund: Der Landwirt vom Schamserberg wird während der kommenden Legislatur die BDP-Fraktion der Bundesversammlung präsidieren. In diesem Amt könne er zugunsten des Kantons Graubünden die bestehenden Netzwerke auf Bundesebene weiter ausbauen, erklärt Hassler.

Keine öffentlichen Ämter ausüben

Aber es gibt noch einen weiteren Fakt, der gegen ein Nachrücken in Bundesbern spricht: Erobert Kollegger im Juni 2012 die Spitzenposition in Rathaus oder auch «bloss» ein Stadtratsmandat, bleibt ihm ein Umzug nach Bern ohnehin verwehrt. Artikel 31 der Stadtverfassung verbietet es Stadtratsmitgliedern «mit Ausnahme eines Grossratsmandates, weitere öffentlichen Ämter auszuüben». Kollegger ist sich dessen bewusst. Stadtrat sei ein 100-Prozent-Job und sei deshalb auch arbeitsmässig nicht mit einem Nationalratsmandat in Einklang zu bringen. «Das wäre eine Herkulesaufgabe», meint er. Ob Kollegger angesichts seines Wahlerfolgs in vier Jahren noch einmal bei den Nationalratswahlen antritt und sein Stadtratsmandat dafür aufgibt, weiss er zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

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