×

Caviezel nimmt Besserwisser aufs Korn

Im Theater Klibühni in Chur hat Flurin Caviezel am Dienstag dem Premierenpublikum sein neues Soloprogramm «S’isch doch asò» vorgestellt. Vor allem im zweiten Teil des Abends vermochte der Churer Kabarettist zu überzeugen.

Südostschweiz
30.10.14 - 01:00 Uhr

Im Theater Klibühni in Chur hat Flurin Caviezel am Dienstag dem Premierenpublikum sein neues Soloprogramm «S’isch doch asò» vorgestellt. Vor allem im zweiten Teil des Abends vermochte der Churer Kabarettist zu überzeugen.

Von Maya Höneisen

Chur. – Die Idee zu seinem vierten Soloprogramm habe er einem Stammtischgespräch entnommen, erklärte Flurin Caviezel am Dienstag vor ausverkauften Rängen in der Klibühni in Chur. «S’isch doch asò», sei ein Satz, der oft als sture Behauptung in die Runde geworfen würde, ohne dem Gegenüber die Chance auf Antwort oder Widerspruch zu lassen. Im Gegensatz zu seinem letzten Programm «Zmitzt im Läbe», in welchem Caviezel sich selbst spielte, schlüpft er diesmal auf der Bühne in eine fremde Figur, nämlich diejenige des Besserwissers.

Caviezels neues Schulsystem

Der Einstieg in den Abend war den Frauen gewidmet. Caviezel schmiss sie kurzerhand aus dem Bildungssystem. Das würde die Bildungsausgaben um die Hälfte reduzieren, verkündete er und reihte gleich die Vorteile seines neuen «virilen Bildungssystems VBS» an: keine Fremdbetreuung für Kinder mehr, keine Spitex mehr, keine Arbeitslosigkeit bei den Männern, weniger Scheidungen, weil Frauen ohne Bildung nachgewiesenermassen länger bei ihren Männern blieben, alles spare Kosten. Ohne Kündigungen notabene, da bis in 20, 30 Jahren die Frauen sowieso weg vom Arbeitsmarkt seien. Lakonisch meinte Ca-viezel nach diesem Diskurs, er habe nichts gegen Frauen, sie seien schliesslich auch Menschen.

Das Publikum reagierte auf dieses selbstverständlich gespielte, aber antiquierte Frauenbild erst einmal eher zurückhaltend. Es dürfte diese «Frauenschiene» wohl eher als etwas verbraucht empfunden haben. Da half auch der versuchte Trost, die Frauen seien die «besseren Multitaskerinnen», nicht, denn hinterher kam gleich die bissige Begründung, im kleineren Frauenhirn seien logischerweise die Verbindungen kürzer.

Das Hirn lieferte für Caviezel die Überleitung zur Geschichte eines Tests, an welchem er an der ETH Zürich als Proband teilgenommen habe, und zu Erklärungen zu den beiden Hirnhälften: «Links rational die SP, sie spielt mit Zahlen, rechts emotional die SVP, sie spielt mit Gefühlen.» Witzig waren dazwischengeschobene Wortspiele wie etwa für Adoleszenz «Hallodeszenz», übernommen aus der Sprache der Jugendlichen: «Hallo, i bin im Fall 16», oder die erstaunliche Verwandlung der «Pommes de frites» in die «Pommes de Fritz».

Es mag der Premierennervosität zuzuschreiben sein, dass Caviezel im ersten Teil des Abends gelegentlich etwas schulmeisterlich und steif daherkam. Jedenfalls gelang es ihm nicht zu 100 Prozent, in die fremde Rolle zu schlüpfen und überzeugend den Besserwisser zu geben. Auch das Premierenpublikum schien bis zur Pause recht angespannt.

Russisch als siebtes Idiom

Nach der Pause war die Anspannung wie weggeblasen. Beim Thema Rätoromanen fühlte sich Caviezel offensichtlich wohler. Er legte an Tempo zu, fabulierte vom Schönsten, spielte mit Sprachen, Idiomen und Wörtern. Die Sprachenvielfalt der rätoromanischen Idiome erklärte er als «Biosphäre mit grosser Diversität» und verstand es, über absurde Umwege die sprachliche Identität von Tschlin über Rom bis Moskau plausibel nachzuweisen. Russisch erklärte er schliesslich zum siebten Idiom und Rumantsch Helvetic zur ersten Landessprache. Alles völlig logisch. Herrlich witzig, hintergründig und pointiert. Der Austausch zwischen Publikum und Kabarettist kam nun richtig in Gang. Der Funke sprang über. In diesem Teil des Programms gelang das Spiel.

Ein grosses Kompliment gehört dem Musiker Caviezel. Der Multiinstrumentalist setzt im neuen Programm alles ein: das Kleinst-Schwyzerörgeli, das Bandoneon, die Violine, das Mini-Piano, Gitarren, die Klarinette, ja selbst die Balalaika und das Alphorn. Dazu singt er auf Deutsch, Romanisch, Italienisch, Französisch und Spanisch. Und da bleibt nun wirklich keine Frage mehr offen: Caviezel ist ein virtuoser und grossartiger Musiker. «S’isch asò!»

Flurin Caviezel: «S’isch doch asò». Weitere Aufführungen: morgen Freitag, 31. Oktober, 1. November, 4. bis 8. November, jeweils 20.30 Uhr. Theater Klibühni, Chur. Weitere Informationen unter www.klibuehni.ch.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR