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Bankenskandal stellt Italiens Wahlkampf auf den Kopf

Das Milliarden-Debakel rund um die «rote» italienische Bank Monte dei Paschi di Siena schadet Noch-Premier Mario Monti. Und die Affäre gefährdet sogar den bereits sicher geglaubten Wahlsieg der Linken.

Südostschweiz
30.01.13 - 01:00 Uhr

Von Dominik Straub

Rom. – Für Silvio Berlusconi ist der Skandal ein gefundenes Fressen: «Wenn die Linke keine Bank führen kann, dann kann sie auch nicht das Land regieren, das ist ja wohl klar», tönte der frühere italienische Premier in diesen Tagen. Bei erwähnter Bank handelt es sich um die Banca Monte dei Paschi di Siena (MPS), die wegen krasser Managementfehler und verlustreicher Derivate-Geschäfte inzwischen nur noch «Monte dei Fiaschi» genannt, also Fiasko-Berg.

Das 1472 gegründete, älteste Geldhaus der Welt gilt als «rote» Bank: Die MPS wurde jahrzehntelang von der Fondazione Monte dei Paschi di Siena kontrolliert, einer Stiftung, die wiederum von der Politik in der traditionellen linken Hochburg Siena dominiert war. Die drittgrösste Bank Italiens muss jetzt vom Staat mit 3,9 Milliarden Euro gerettet werden.

Skandal dominiert den Wahlkampf

Für die linke Partei PD ist «ihre» MPS-Bank im Wahlkampf zum tonnenschweren Klotz am Bein geworden. Letzte Woche sind neue Derivat-Geschäfte ans Tageslicht gekommen, welche die alte MPS-Führung den staatlichen Kontrollorganen verschwiegen hatte und die der Bank neue, dreistellige Millionenverluste bescheren. Seither existiert im italienischen Wahlkampf nur noch dieses eine Thema. Auch Noch-Premier Mario Monti, vom überparteilichen Technokraten längst zum angriffslustigen Wahlkämpfer der Mitte mutiert, beteiligt sich an der Schlacht: «Die PD hat einiges mit den Problemen der MPS zu tun», erklärte Monti.

Allerdings beschädigt der Skandal auch Monti selber. «Der Noch-Premier wird von vielen Italienern als Mann der Banken und der Banken-Hilfspakete betrachtet», betonte Berlusconis liebste Meinungsforscherin, Alessandra Ghisleri. In der Tat heissen die Rettungskredite für notleidende Geldhäuser im Volksmund «Monti-Bonds». Als verhängnisvoller Fehlentscheid erwies sich auch, dass Monti an die Spitze seiner toskanischen Wahlliste einen Mann gesetzt hat, der bis vor Kurzem im Verwaltungsrat der Skandalbank gesessen hatte.

Der Cavaliere holt in Umfragen auf

Berlusconi ist der lachende Dritte: Sowohl PD als auch Monti haben in den letzten Tagen in Umfragen wegen des Bankenskandals an Zuspruch eingebüsst. Der einst uneinholbar scheinende Vorsprung des Mitte-links-Lagers auf die Rechts-Koalition ist weiter geschmolzen. In der jüngsten Umfrage von Ghisleri rückte Berlusconi bis auf drei Prozentpunkte an die Linke heran, während Montis Mitte deutlich unter 15 Prozent sank. Die Daten sind zwar mit Vorsicht zu geniessen, aber sie geben dem Cavaliere weiteren Auftrieb: «Habt ihr gesehen? Wir haben schon zehn Prozentpunkte aufgeholt, und es bleiben noch vier Wochen bis zu den Wahlen. Wir können es schaffen, der Monte dei Paschi wird zum Grab der PD», zitierte die Zeitung «Stampa» gestern Berlusconi. Tatsächlich scheint zumindest das von ihm angestrebte Minimalziel, ein Patt im Senat, in Griffnähe.

Berlusconi hat keine weisse Weste

Letztlich macht aber in der MPS-Affäre niemand eine gute Figur, auch Berlusconi nicht: Die toskanische Bank hatte in nicht unwesentlichem Masse seinen Aufstieg zum Baulöwen und Medien-Tycoon mitfinanziert. Und noch heute besitzt er ein dickes Konto in Siena, aus dem unter anderem sein Bunga-Bunga-Harem in Mailand finanziert wurde – und immer noch wird.

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