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Auf der Suche nach der echten Glarner Kalberwurst

Die Kalberwurst spielt an der Glarner Landsgemeinde eine wichtige Rolle. Sie ist praktisch überall erhältlich, sogar in Braunwald oder in den Weissenbergen. Je näher dem Ring, desto grösser der Andrang.

Südostschweiz
29.04.12 - 02:00 Uhr

Von Irène Hunold Straub

Glarus. – Sobald die Kirchenglocken mit ihrem Geläute das Ende der Landsgemeinde signalisieren, strömen die Glarner und die Gäste einem Restaurant entgegen und lassen sich das Landsgemeindemenü samt Kalberwurst schmecken. Die Lokale in Glarus selber sind zum Teil längstens ausgebucht. Glücklich, wer reserviert hat. In anderen, etwas weiter entfernten, mag es noch Plätze für spontan auftauchende Gäste haben.

Am nächsten liegt das «Glarnerstübli», in dem Ruth Bader letztes Jahr trotz der kleinen Fläche 180 Kalberwürste verkaufte; den Netzbraten nicht dazu gerechnet. Für den Raum im ersten Stock werden Reservationen von Stammgästen angenommen. Im Restaurant und draussen läuft der Betrieb ununterbrochen von morgens um elf bis in die Abendstunden.

Keine Chance haben Unangemeldete im Restaurant «Schützenhaus», wo das ganze Restaurant, der Saal und bei schönem Wetter auch die Terrasse zur Verfügung stehen. Sabrina Bigler sagt, dass alles ausgebucht sei. «Meistens reservieren die Gäste bereits ein halbes Jahr bis ein Jahr im voraus.» Es melden sich jeweils grössere Gruppen von auswärts an, Glarnervereine zum Beispiel; Regierungsräte kommen und auch «der normale Bürger mit seiner Familie».

Draussen wird nicht reserviert

Die Offiziellen des Kantons und die Eingeladenen speisen seit eh und je im «Glarnerhof». Für sie wird ein Bankett bereitgestellt, was jedoch nur einen kleinen Teil der Gäste ausmacht. Letztes Jahr zählten die Leuenbergers rund 550 Gäste. Der grösste Teil der Menüs entfiel auf die obligate Kalberwurst.

Ausgebucht ist die Gourmetstube. Wer jedoch vor Ende der Landsgemeinde im Restaurant oder auf der Terrasse eintrifft, hat eine gute Chance, einen Platz zu bekommen. «Da reservieren wir absichtlich nicht», sagt Rosmarie Leuenberger.

Hochbetrieb herrscht auch im «Bergli» hoch über Glarus. Reservationen können nur so viele angenommen werden, wie es Sitzplätze im Innern gibt, da man nur bei schönem Wetter mit der riesigen Terrasse rechnen kann. Hingegen wird in zwei Schichten gegessen, wie die Serviceangestellte Patrizia Foradori erzählt, so dass rund 200 Menüs verkauft werden können.

Thomy Zimmermann arbeitet darauf hin, dass das Restaurant «City» vor der Landsgemeinde wieder öffnet und selbstverständlich das Landsgemeindemenü anbietet. «Wir werden 36 Festbänke aufstellen; da gibt es schon noch Platz», sagt er. Auch nach dem ärgsten Trubel können noch Kalberwürste gegessen werden: bis in den Abend hinein.

Das Hotel «Schwert» in Netstal ist seit Längerem ausgebucht, sowohl die Betten wie auch die Plätze. «Im Restaurant haben wir jedes Jahr viele auswärtige und Glarner Gäste, ebenfalls einheimische Firmen, die ihre Kunden nach der Landsgemeinde zu einem 5-Gang-Glarner-Menü einladen», sagt Marlène Weber. Dazu gehört eine kleine Kalberwurst als Vorspeise sowie Glarner Netzbraten mit Zigerhöreli. Die traditionelle Kalberwurst wird rund 100-mal serviert, rechnet die Gastgeberin.

Keine Würste im GH Ennenda

Im Restaurant «Elggis» hat es bis jetzt noch Plätze. Dort kehrten nach der Landsgemeinde gerne Politiker ein, erzählt Nathalie Hürlimann. Auch hier hofft man, dass es schönes Wetter gibt, damit die Gartenwirtschaft mitgenutzt werden kann.

Keine Kalberwürste wird es im Gesellschaftshaus (GH) Ennenda geben. Das fällt insofern ins Gewicht, als der frühere Wirt Claudio Keller jeweils bis zu 250 Landsgemeindemenüs servierte. Die ehemaligen Gäste müssen sich nun anders orientieren.

Das Weite suchen

In der Lintharena werden jährlich zwischen 200 bis 250 Landsgemeindemenüs verkauft. Diese werden in sämtlichen Gastronomie-Räumen angeboten, auch auf der Terrasse. «Die Plätze hat man auf sicher, wenn man reserviert», sagt Geschäftsführer Jakob Kamm. Grundsätzlich sei es aber auch möglich, ohne Reservation einen Platz zu bekommen.

Das dürfte in jenen Restaurants möglich sein, die nicht so nahe am Ort des Geschehens sind. So hält Marc Reithebuch vom Gasthaus «Alpenrösli» auf Mullern Kalberwürste bereit; er hat auch schon Reservationen.

Auch Fränzi und Bruno Reich vom Berggasthaus «Fronalpstock» bieten das Landsgemeindemenü an. Hier wie dort spielt das Wetter eine wichtige Rolle. Das bestätigt auch Heiri Marti vom Gasthaus «Edelwyss» auf den Weissenbergen. «Wenn die Landsgemeinde zu lange dauert, oder das Wetter schlecht ist, dann kommt kaum jemand hier vorbei, um das Landsgemeindemenü zu essen.» Aber es sei selbstverständlich, dass er es offeriere. Das selbe sagt Jeannette Zimmermann vom Restaurant «Camperdun» in Elm. Wer hier isst, möchte auch schönes Wetter geniessen.

Gratis nach Braunwald

Dank der Tatsache, dass am Landsgemeindesamstag Zug, Busse und Bahnen gratis sind, darf auch Braunwald mit einer Anzahl an Landsgemeindegästen rechnen.

Claudio Keller von der «Chämistube» auf dem Grotzenbühl ist gewappnet und hat alles vorbereitet, auch wenn die Gruppenumlaufbahn bezahlt werden muss. Beat Schittenhelm, der Gastgeber des im letzten Winter eröffneten Gourmetrestaurants und Chalet-Hotels «Ahorn», offeriert das Landsgemeindemenü hoch über dem Alltag.

Glarus. – Die Metzgerei Gebrüder Hösli AG in Glarus verkauft das ganze Jahr über Kalberwürste – je länger je mehr auch im Sommer zum Grillieren. Früher wurden die Würste roh verkauft; da waren sie nur auf die Landsgemeinde hin erhältlich. Heute aber werden sie vakuumverpackt und pasteurisiert angeboten und sind so rund 14 Tage lang haltbar.

Albert Hösli beliefert die Migros-Filialen der Migros Zürich, Warenhäuser wie Jelmoli oder Globus, verschiedene Restaurants und Dorfläden sowie Milchzentralen. Auch Private kaufen Kalberwürste, zum Teil fixfertig mit der Zwiebelsauce sowie den obligaten gedörrten Zwetschgen. Das ergibt zusammen rund 10 000 Kalberwürste, welche allein diese Metzgerei auf die Landsgemeinde hin verkauft. (ih)

Klöntal. – Als Dana Zumr letztes Jahr das Gasthaus «Richisau» übernahm und zum ersten Mal mit der 210 Gramm schweren Wurst konfrontiert wurde, dachte sie, das sehe nicht so elegant aus, wenn dann erst noch die Beilagen dazukämen. Von ihrem Lieferanten erfuhr sie, dass dieser Metzger für die Altersheime auch kleinere Würste herstelle, da die älteren Menschen nicht mehr so viel Appetit hätten. Dana Zumr bestellte solche 70 Gramm leichten Miniwürste und richtete sie möglichst hübsch als «Scheiterbeige» auf dem Teller an. «Ich wurde an diverse Tische zitiert und musste erklären, weshalb es keine grosse Wurst gebe», erzählt die Wirtin. Sie zieht die Konsequenzen: «Dieses Jahr werden wir die Wurst wieder in der üblichen Grösse anbieten», stellt Dana Zumr in Aussicht. (ih)

Glarus. – Die markenrechtlich geschützte Wurst mit feinem Kalbsbrät, in das mindestens vier Prozent in Milch eingelegtes Weissbrot eingearbeitet wird, isst man mit gebundener Zwiebelsauce. Das Rezept für 4 Stück: 1 Esslöffel Butter mässig erhitzen; 200 g Zwiebeln in Streifen geschnitten beigeben und glasig dünsten; 4 gestrichene Esslöffel Mehl beigeben und mitdünsten. Mit eineinhalb Deziliter Weisswein ablöschen. 7 dl (halb Milch, halb Bouillon) unter Rühren nach und nach beigeben. Mit Salz, Muskat und Aromat schwach würzen.

Diese Sauce rund 15 Minuten leicht kochen lassen. Nachher die Kalberwürste in die Sauce geben und auf kleinstem Feuer etwa 25 Minuten ziehen lassen. Dazu wird Kartoffelstock mit Kompott aus gedörrten Zwetschgen serviert. Guten Appetit! (ih)

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