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Apple weicht dem Fiskus geschickt aus

Senatoren beschuldigen Apple, mit einem Netz von Niederlassungen in Steueroasen Steuerzahlungen umgangen zu haben. Der Computerkonzern verteidigt sich, keine Gesetze gebrochen zu haben.

Südostschweiz
22.05.13 - 02:00 Uhr

Von John Dyer

Washington. – Apple sitzt auf einem Berg von Bargeld. Das verdankt das Unternehmen seinen Produkten – und seiner kreativen Steuervermeidung: Der Technologieriese hat angeblich Schlupflöcher und Steueroasen im Ausland genutzt, um mindestens 74 Milliarden Dollar vor der US-Steuerbehörde IRS zu verbergen. Das haben die Ermittler der IRS für den Zeitraum von 2009 bis 2012 herausgefunden. «Apple war es nicht genug, seine Gewinne in eine ausländische Steueroase mit niedrigen Steuern zu verlagern», sagt der demokratische Senator Carl Levin aus Michigan. Er ist Vorsitzender des Ermittlungsausschusses im US-Senat, der bei der Verfolgung amerikanischer Steuerbetrüger schon das Schweizer Bankgeheimnis geknackt hatte. «Apple hat – mit Erfolg – den heiligen Gral der Steuervermeidung gesucht», sagt Levin. Es hat Unternehmen im Ausland gegründet, die über Dutzende von Milliarden Dollar verfügten, während Apple nirgendwo seinen Steuersitz hatte.

Briefkastenfirmen in Irland

Bis vor Kurzem war Apple das wertvollste Unternehmen weltweit, gemessen am Aktienpreis. Dennoch hat es Briefkastenfirmen in Irland eingerichtet, um seine Gewinne durch eine Reihe fragwürdiger Bilanzmanöver im Ausland zu halten. Das Kernproblem ist nach Ansicht des Wirtschaftsexperten Martin Sullivan von Tax Analysts aus Virginia, «dass Apple in der Lage war, einen überproportionalen Anteil seiner weltweiten Gewinne in das Niedrigsteuerland Irland zu verlagern».

Gestern Dienstag musste Apple-Chef Tim Cook vor dem Senatsausschuss aussagen. Apple nahm zu den Vorwürfen gegenüber den Medien nicht Stellung. Das Unternehmen veröffentlichte nur eine schriftliche Erklärung von Cook. Darin werden die sechs Milliarden Dollar Steuern, die Apple im vergangenen Jahr in den USA bezahlt hat, als die möglicherweise höchste jemals in den USA durch eine einzelne Firma bezahlte Steuerleistung bezeichnet. «Apple erfüllt die Gesetze nach Inhalt und Geist», schrieb Cook. «Und Apple bezahlt seine Steuern, im Inland wie im Ausland.»

Der republikanische Senator John McCain sagt dazu: «Apple behauptet, der grösste Steuerzahler in den USA zu sein. Aber allein aufgrund seiner Grösse und Dimension gehört das Unternehmen auch zu den grössten Steuervermeidern Amerikas. Der richtige Ort, die gesamte kreative Energie bei Apple einzubringen, ist die Entwicklung neuer Produkte und Dienste und nicht die eigene Steuerabteilung.»

Gewinnsteuer nur bei Rücktransfer

Nach den US-Gesetzen müssen amerikanische Unternehmen auf ihre im Ausland erzielten Gewinne Steuern bezahlen. Diese werden aber erst fällig, wenn die Gewinne in die USA transferiert werden. Auch dann kann der im Ausland schon entrichtete Steueranteil von der amerikanischen Steuerschuld abgezogen werden. Ermittler im US-Kongress gehen davon aus, dass Apple dieses System missbraucht hat.

Apple hat angeblich Firmen in Irland gegründet, die als «Steuerausländer» galten. Für die gilt in Irland eine besondere Steuererleichterung. Sie bezahlen nur zwei Prozent Gewinnsteuer statt der in Irland üblichen 12,5 Prozent. Nur wenige Einnahmen von Apple erfüllten allerdings die Voraussetzungen, um als steuerpflichtiger «Gewinn» eingestuft zu werden. Ausländische Tochterfirmen von Apple haben sich durch einen Trick auch davor bewahrt, die verkauften Apple-Produkte in den USA zu versteuern, obwohl sie dort entwickelt worden sind. Sie bezahlten einfach an sich selbst, sodass danach nur Steuern ausserhalb der USA anfielen.

100 Milliarden an die Investoren

Die Vorwürfe wurden erhoben, während Apple gerade die Auszahlung von 100 Milliarden Dollar an seine Investoren durch Dividenden und Aktienrückkäufe vorbereitet. Apple nimmt dafür Kapital am Markt auf, weil die Zinsen niedriger sind als die Steuern auf repatriierte Auslandsgewinne.

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