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Altbewährtes und Innovation

Die Metzgerei Peduzzi in Savognin feiert heute Freitag das 75-Jahr-Jubiläum. Metzgermeister Pietro Peduzzi äussert sich über das Erfolgsrezept, die bewegte Vergangenheit und die Zukunft der Firma.

Südostschweiz
01.03.13 - 01:00 Uhr

Von Juscha Casaulta

Seit 1. März 1938 existiert die Mazlaria Peduzzi in Savognin. «Einerseits eine schöne, lange Zeit für einen Familienbetrieb, anderseits wird einem bewusst, dass die Zeit abläuft.» Dies stimme ihn wehmütig, denn Metzger sei ein schöner Beruf, sagt Metzgermeister Pietro Peduzzi, der den Betrieb in zweiter Generation führt, und der dieses Jahr mit Jahrgang 1943 ein weiteres Jubiläum feiern kann. Die dritte Generation ist wohl da, jedoch zeichnet sich ab, dass kein Familienmitglied den Betrieb übernehmen wird. «Solange meine Frau Adelia – die eine grosse Stütze für die Führung des Betriebes ist – und ich gesund bleiben, machen wir weiter.»

Die Produkte der Mazlaria Peduzzi sind ihrer Qualität wegen weit über die Kantonsgrenze hinaus bekannt. Was ist das Erfolgsrezept? Man müsse den Beruf lieben, müsse sich mit allem, was man tue, identifizieren können, und man müsse die Fähigkeit und Innovationskraft haben, gute Produkte herzustellen. «Das befriedigt, und man kann voll dahinter stehen – und die Produkte verkaufen.»

Kein Vieh aus Mastställen

Die Metzgerei in Savognin befinde sich in einer wunderschönen Region mit naturnahen Ressourcen. Bezüglich Schlachtvieh finde man hier durchaus gute Qualität. «Wir mussten zum Beispiel nie Vieh aus Mastställen kaufen.» Die Metzgerei schlachtet stets Rinder und Ochsen, weil sie das bessere Fleisch liefern. Man müsse auch beachten, dass die Vorfahren vieles richtig gemacht haben. «Das Gute davon muss man erhalten, das ist Tradition.» Peduzzi erwähnt als Beispiel die Art der Fleischlagerung. «Weil wir stets auf Qualität und Perfektion setzen, bewegen wir uns natürlich auch in einem höheren Preissegment», fügt er an. Dies bedinge, dass man Kundschaft finde, die bereit sei, für die Qualität entsprechend zu bezahlen.

So hat es sich ergeben, dass die Metzgerei auch Spitzenköche und Gastrobetriebe in Zürich, Basel, Bern und vor allem in Graubünden beliefert. Die Mazlaria Peduzzi kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Pietro Peduzzis Grossvater stammte aus Italien und war Steinhauer. Es bot sich ihm die Gelegenheit, im Bergell einen Steinbruch zu übernehmen, den er bis zu seinem frühen Tod führte. «Mein Vater Ezio ist von Bondo aus nach Thusis in die Metzgerlehre.» Danach absolvierte er die damals üblichen Wanderjahre, in den Dreissigerjahren, in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit. Kurz arbeitete Ezio Peduzzi in der Metzgerei Hemmi in Savognin. Danach zog er nach Mailand. Einer seiner Onkel hatte ihm eine Stelle bei der Firma Citterio verschafft.

Inzwischen ging die Metzgerei Hemmi in Savognin in Konkurs. Ein neuer Pächter wurde gesucht. Ezio Peduzzi nutzte die Chance. Am 1. März 1938 eröffnete er mit seiner Schwester Pierina die Mazlaria Peduzzi.

Weltkrieg erschwert Start

Der Start war nicht einfach. Der Zweite Weltkrieg stand bevor, und die meisten im Tal waren Selbstversorger. 1939 heiratete Ezio Paulina Savoldelli. «Mit der Gründung einer Familie hat er in Savognin Wurzeln geschlagen und musste auch in diesen mageren Jahren sein Geschäft über die Runden bringen.» Das Auto musste während der schwierigen Kriegsjahre durch ein Pferd ersetzt werden. Da er kein Einheimischer war, verfügte Ezio Peduzzi über kein landwirtschaftliches Land. Es wurden ihm Bergwiesen am Julierpass angeboten. «Der kleine Landwirtschaftsbetrieb hat der Familie in diesen schwierigen Jahren sehr geholfen.»

1948 ist die Lokalität der Metzgerei gekündigt worden. «Eine schwierige Situation, denn mittlerweile waren wir sechs Kinder.» Es hat sich ergeben, dass beim heutigen Standort der Metzgerei eine Garage stand, die zum Kauf angeboten wurde. «Mein Vater kaufte die Immobilie und entgegen all der gut gemeinten Einwände baute er eine Metzgerei.» Wirtschaftlich besserte sich die Zeit, denn der Bau der Marmorera-Wasserkraftwerke bescherte dem Tal viele Bewohner.

In den Sechzigerjahren zog der Tourismus an, was der Metzgerei ebenfalls zugutekam. Pietro Peduzzi begann 1959 die Metzgerlehre in Flawil und kam 1968 mit der Meisterprüfung im Sack zurück nach Savognin. «Mein Vater und ich haben den Betrieb zehn Jahre zusammen geführt.» Mit 65 Jahren übergab Ezio Peduzzi die Metzgerei seinem Sohn. Dieser eröffnete 1978 zusätzlich die Fleischtrocknerei Natura in Tinizong, die 2008 verkauft wurde. «Im Laufe der Jahre hat sich natürlich vieles verändert.» Nach dem Krieg gehörte es zum guten Ruf, täglich Fleisch essen zu können. «Heute sieht das wieder anders aus.» Wichtig sei, dass man mit der Zeit gehe, die Kundschaft erwarte Veränderungen. Aber gleichzeitig sei es auch wichtig, Bewährtes zu erhalten.

Metzger haben feine Haut

«Das Traditionelle, gepaart mit Neuerungen – das bringt den Erfolg.» Peduzzi engagierte sich auch stark in Fachorganisationen seiner Branche, indem er wichtige Ämter bekleidete. Am heutigen Jubiläumstag gibts Überraschungen für die Kundschaft. Bis Ende Jahr sind verschiedene Jubiläumsanlässe geplant.

Am 10. August etwa die Vernissage des Buches über den Familienbetrieb. Darin wird die Geschichte der Mazlaria festgehalten. Der Untertitel des Buches, «Metzger haben eine feine Haut», erstaunt. Hinter dieser Aussage steckt vieles, wie Peduzzi erklärt. «Metzger werden in der Öffentlichkeit oftmals als herzlos und grob empfunden.» Dabei seien Metzger sehr feinfühlig und tierliebend. «Der Tierschutz musste nicht der Metzger wegen eingeführt werden.»

Eigentlich wollte Pietro Peduzzi Koch werden. Seine Eltern meinten dazu, dann könne er ja auch gleich Metzger werden, denn die beiden Berufe seien ja verwandt. Peduzzi lacht. Den Entscheid habe er nie bereut.

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