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«Alles war normal, sie waren guter Dinge»

Die fünf am Dienstag am Lagginhorn im Kanton Wallis tödlich verunglückten Berggänger waren ohne Bergführer unterwegs. Die Polizei bestätigte gestern die deutsche Staatszugehörigkeit der Opfer. Die Sturzursache wird untersucht.

Südostschweiz
05.07.12 - 02:00 Uhr

Von Jan Dirk Herbermann

Sitten. – «Dieser Unfall ist selbst für uns erfahrene Retter aussergewöhnlich schrecklich gewesen», sagte Bergführer Rolf Trachsel gestern in Saas Fee zur «Südostschweiz». Trachsel leitete die Rettungsaktion. «Die Gruppe war ganz alleine ohne Bergführer unterwegs, und sie waren nicht angeseilt.»

Zwei der Opfer stammen laut der Kantonspolizei Wallis aus Berlin, ein 14-jähriges Mädchen und ihr 20-jähriger Bruder. Der Vater, der mit auf der Bergtour war, sah wahrscheinlich, wie seine Kinder in den Tod stürzten. Ein tödlich verunglückter 44-jähriger Mann und sein ebenfalls gestorbener 17-jähriger Sohn lebten nach Angaben der Polizei in Bad Kreuznach. Das fünfte Bergopfer, ein Mann von 21 Jahren, wohnte laut Polizei in Börlinghausen im Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Die Bergkatastrophe muss sich so abgespielt haben: Die sechs Deutschen erreichen am Montag die Weissmieshütte (über 2700 Meter über Meer) oberhalb von Saas Grund. «Die Deutschen sind alle am Abend zur rechten Zeit ins Bett gegangen und sind dann um 4.30 Uhr am Morgen zum Lagginhorn-Gipfel aufgebrochen», heisst es von dem Hüttenpersonal. «Alles war ganz normal, die waren sehr guter Dinge.»

Der Anstieg dauert mehrere Stunden. Die Gruppe bewegt sich offensichtlich auf der Normalroute. «Gegen Mittag zogen Quellwolken auf, es regnete», so Trachsel. Der Schnee auf dem Berg ist weich und matschig.

«Sehr, sehr steile Bergflanke»

Rund 100 Meter unterhalb des Gipfels bricht ein Bergsteiger die Tour ab, er klagt über Übelkeit. Das rettet ihm das Leben. Seine beiden Kinder und die drei anderen Abenteurer erklimmen den Gipfel. Kurz nachdem sie den Gipfel verlassen, geschieht es: Die ganze Gruppe stürzt von einer Bergflanke rund 400 Meter in die Tiefe, an einer Stelle die Rettungschef Trachsel als «sehr, sehr steil» bezeichnet. Der zurückgebliebene Vater der zwei Abgestürzten ist geschockt, er alarmiert sofort die Walliser Rettungsorganisation. Doch es ist zu spät. Die Retter fliegen mit Helikoptern ein, sie finden nur noch die Leichen.

Renato Kalbermatten von der Kantonspolizei bestätigt auf Anfrage: «Die Bergsteiger waren sofort tot.» Es wäre einem Wunder gleichgekommen, hätte auch nur einer der Alpinisten den Absturz überlebt.

Die genaue Ursache der Tragödie muss noch geklärt werden. Die Staatsanwaltschaft Oberwallis leitet die Ermittlungen.

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