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56 Milliarden Franken an der Steuer vorbei?

Die beiden Grossbanken gehören voraussichtlich zu den grössten Profiteuren der umstrittenen Unternehmenssteuerreform II. Credit Suisse und UBS zusammen könnten bis zu 56 Milliarden steuerfrei an ihre Aktionäre ausschütten.

Südostschweiz
26.03.11 - 01:00 Uhr

Von Julian Witschi

Zürich. – Die Credit Suisse beziffert die sogenannten Reserven aus Kapitaleinlagen, die nach Anerkennung durch die Eidgenössische Steuerverwaltung den Aktionären als steuerfreie Dividende entrichtet werden können, per Ende 2010 auf rund 14,1 Milliarden Franken. Sie entstehen etwa, wenn bei Kapitalerhöhungen die Aktien über dem Nennwert ausgegeben werden.

Bereits im ersten Jahr mit dem neuen Unternehmenssteuerrecht schüttet die CS davon rund 1,5 Milliarden oder 1.30 Franken pro Aktie aus, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Geschäftsbericht hervorgeht. Das ist zwar weniger als die zwei Franken pro Aktie im Vorjahr. Die Zahlung ist aber von der Quellensteuer von 35 Prozent befreit und bringt den Aktionären, die darauf in der Schweiz keine Einkommenssteuern zahlen müssen, letztlich etwa gleich viel in die Tasche wie im Vorjahr.

Eine Sondersession zum Thema

Ob auch die verbleibenden Kapitaleinlagereserven von rund 12,6 Milliarden so ausgeschüttet werden können, hänge unter anderem von der Gewinnentwicklung und den Kapitalerfordernissen der Bank ab, sagte CS-Sprecher Marc Dosch auf Anfrage. Am 12. April findet zudem eine Sondersession des Nationalrats zur Unternehmenssteuerreform II statt. Die Antragsstellerin SP verlangt, dass der Bundesrat Teile der Vorlage per Dringlichkeitsrecht zurücknimmt, um Steuerausfälle in Milliardenhöhe zu verhindern. Es geht insbesondere darum, dass rückwirkend bis 1997 solche Einlagen angegeben werden können.

Zunächst Kapitaldecke stärken

Dabei dürfte nicht zuletzt die UBS zu reden geben, die erst im Herbst 2008 auch mit Staatsgeld – also vor allem Steuereinnahmen – vor dem Zusammenbruch gerettet wurde. Die Grossbank gibt ihre Kapitaleinlagereserven im Geschäftsbericht 2010 sogar mit 42,1 Milliarden Franken an. Diese stammen insbesondere aus den Kapitalerhöhungen infolge der Finanzkrise. Ob sie diesen Betrag bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung angemeldet hat, will die UBS nicht sagen, und die Behörde schweigt mit Verweis auf das Steuergeheimnis, wie beide Seiten einen Bericht der «Basler Zeitung» bestätigten. In informierten Kreisen hiess es, die Anmeldung stehe kurz bevor. Die Frist läuft bis zur Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2011.

Die UBS hat aber angekündigt, dass sie in nächster Zeit keine Dividende entrichtet. Sie will vielmehr mit einbehaltenen Gewinnen die Eigenkapitaldecke stärken, stehen doch verschärfte Vorschriften (Basel III, Too-big-to-fail) an. Im Raum steht zudem der Rückkauf der 2008 an die Schweizerische Nationalbank entsorgten Anlagen, die sich zuletzt auf rund zwölf Milliarden beliefen.

Die einmal anerkannten Kapitaleinlagereserven seit 1997 können nach Verrechnung mit den laufenden Geschäftsergebnissen laut Steuerverwaltung aber «unbegrenzt in Ewigkeit» verwendet werden. Werden also auch bei der UBS Dividenden dereinst wieder zum Thema, könnten diese damit auch steuerbefreit erfolgen.

Auch Rückerstattungen rückläufig

Bislang sind bei der Steuerverwaltung gesamthaft Kapitaleinlagen von gegen 200 Milliarden Franken erfasst worden. Laut Finanzdepartement wurden für 2011 steuerbefreite Rückzahlungen von rund acht Milliarden angekündigt. Die Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer wurden vom Bund für dieses Jahr auf 1,2 Milliarden geschätzt. Allerdings nehmen damit in der Folge auch die fälligen Rückerstattungen ab. Ab 2012 rechnet der Bund mit jährlichen Mindereinnahmen von 200 bis 300 Millionen Franken bei der Verrechnungssteuer sowie einem gleichen Loch bei den Einkommenssteuern von Bund, Kantonen und Gemeinden. Ein nicht genannt sein wollender Steuerbeamter sagte dazu, derzeit arbeite er fast nur noch für Steuererlasse statt fürs Auftreiben von Steuern.

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