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Twitter will aus Daten Profit machen

Der Kurznachrichtendienst Twitter will aus seinen riesigen Datenbeständen künftig viel mehr Profit schlagen. Dazu kaufte das Unternehmen die auf Informationsanalyse spezialisierte bisherige Partnerfirma Gnip.

Südostschweiz
16.04.14 - 14:52 Uhr

San Francisco. – Ziel sei es, den riesigen Schatz, den die mehr als 500 Millionen täglich über Twitter versendeten Kurznachrichten (Tweets) bergen, effizienter auswerten zu können, erklärte das Management am Dienstag.

An der Börse sorgte der nicht bezifferte Deal für Jubel. Der Twitter-Kurs zog mit elf Prozent so stark an wie an keinem anderen Tag seit dem Handelsdebüt im November. Zuletzt hatten schwache Kundenzuwächse des Internet-Konzerns noch grosse Enttäuschung ausgelöst.

Nach gezielten Datenauswertungen gieren zahlreiche Interessenten. Finanzfirmen etwa wollen über die Tweets den Puls der Märkte fühlen und Fernsehproduzenten den Publikumsvorlieben nachspüren. Behörden versprechen sich wichtige Hinweise bei Katastrophen oder Unfällen.

«Öffentliche Tweets können eine grosse Bandbreite an Erkenntnissen enthüllen - so viele, dass akademische Einrichtungen, Journalisten, Vertriebsmanager, Markenfirmen, Politiker und Produktentwickler regelmässig gesammelte Twitter-Daten nutzen, um Trends zu entdecken, Stimmungen zu analysieren, Eilmeldungen zu finden, mit Kunden in Kontakt zu treten und vieles mehr», erläuterte Twitter-Vizepräsidentin Jana Messerschmidt.

Das Unternehmen mit seinem gewaltigen Reservoir an rund 250 Millionen registrierten Nutzern hat eine eigene Branche hervorgebracht, die Tweet-Kommunikationen durchforstet. Bislang kooperierte Twitter in diesem Geschäft mit Firmen wie Gnip, Datasift und Dataminr.

Diese erkauften sich Zugang zu den Tweets, sammelten und bündelten die Daten und verkauften diese dann an ihre Zielgruppen weiter. Unklar blieb zunächst, inwieweit sich die Gnip-Übernahme auf Twitters Beziehungen zu den anderen Datenhändlern auswirkt.

Gnip wiederum arbeitet auch mit anderen Partnern zusammen. Die Firma liefert ebenfalls Daten aus Internet-Netzwerken wie dem zu Facebook gehörenden Fotodienst Instagram, der Blogger-Plattform Tumblr, die Teil des Yahoo -Konzern ist, sowie von deren Konkurrent WordPress.

Fette Erträge

Nach Einschätzung von Experten verspricht die Ausbeutung der Datenschätze fette Erträge. «Es gibt einen massiven verborgenen Wert in diesem Tweet-Strom», sagte der frühere Twitter-Manager Ryan Sarver. «Man hat dieses Kapital an globalem Bewusstsein und kann jeden Moment darauf zugreifen.» Der Gnip-Zukauf könnte Hunderte neuer Kunden anlocken und Twitters Umsätzen sofort einen Schub verleihen, sagte Sarver.

Dem Unternehmen käme dies derzeit sehr gelegen. Denn im Schlussquartal 2013 stieg die Nutzerzahl mit vier Prozent so langsam wie seit Jahren nicht mehr. Um das Wachstum zu forcieren, polierte Twitter zuletzt die eigene Internetseite sowie Handy-Apps auf. Zudem gab der Konzern nun die Berufung des Google-Managers Daniel Graf zum neuen Leiter der Abteilung Verbraucherprodukte bekannt.

Datenschützer sehen den Handel mit Nutzerinformationen sehr kritisch. Bestärkt sehen sie sich durch die Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA. (sda)

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