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«Eine Redaktion ist keine Kaserne»

Die Fusion der Print- und der Online- zu einer konvergenten Redaktion sorgt für Misstöne: Die Journalisten des «Tages-Anzeigers» haben ihrem Chefredaktor nun einen Protestbrief geschrieben.

Südostschweiz
14.11.13 - 08:40 Uhr

Von Dennis Bühler

Veränderungen sind mit Schmerzen verbunden. Das gilt auch in der Zeitungsbranche, die sich derzeit – 20 Jahre nach Aufkommen des Internets – neu zu orientieren versucht. Konvergent sollen die Redaktionen arbeiten, den bewährten Print- und den schnellen Onlinekanal gleichzeitig und jeweils zielgruppengerecht bespielen. Dass dies hier wie da Ängste weckt, erleben gegenwärtig die beiden Deutschschweizer Leitmedien, die «Neue Zürcher Zeitung» und der «Tages-Anzeiger».

Die Bezahlschranke auf «nzz.ch» wirft weniger Geld ab als erhofft, der Onlinechef des Verlags hat vor kurzem gekündigt. Altgediente Printredaktoren, die sich für eine Theaterkritik auch mal zwei oder drei Tage Zeit liessen, und junge Onliner, die im Auftrag der Konzernspitze mit Liveticker und Bilderstrecken um Klicks buhlen, beäugen sich argwöhnisch.

Mindestens so tief sind die Gräben beim «Tages-Anzeiger». In einem Brief, der diese Woche an Chef­redaktor Res Strehle über­geben wurde, verleiht die Redaktion ihrem Unmut Ausdruck. «Wir beschleunigen unentwegt», wird kritisiert. «Das Tagesgeschäft ist nervös, klick­getrieben und damit auch anfällig für nicht hinterfragtes Mitwirken in boulevardesken Übertreibungen und Kampagnen.» Die Redaktoren müssten alles machen: schreiben, diensten, floaten, twittern, filmen, foto­grafieren, skribbeln. Zwischen Print und Online herrsche der Eindruck zweier nur schwer zu vereinbarenden Kulturen. Kontraproduktiv sei der Befehlston, der online an der Tagesordnung sei. Denn: «Eine Redaktion ist keine Kaserne.»

Mit dem Finger auf andere zu zeigen, gebietet sich in diesem Fall ausdrücklich nicht – sitzen doch alle Medien, inklusive der «Südostschweiz», im gleichen Boot. Was die «Tagi»-Redaktion im Kern befürchtet, ist ein Verlust an Qualität. Und da kann man den Kollegen nur recht geben. Auch wenn wir hier in Chur noch nicht so genau wissen, was skribbeln und floaten eigentlich ist.

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