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Emirates düpiert Airbus – und bestellt erst mal bei Boeing

Zum Auftakt der Flugschau in Dubai erhoffte sich Airbus einen Milliardendeal für seinen erfolgsarmen Riesenflieger A380. Den ersten Grossauftrag angelte aber Rivale Boeing. Airbus muss bangen.

Südostschweiz
13.11.17 - 20:12 Uhr
Wirtschaft
Besucher der Dubai Air Show entsteigen dem Airbus A380.
Besucher der Dubai Air Show entsteigen dem Airbus A380.
KEYSTONE

von Stefan Brändle

Vor zehn Tagen lieferte Airbus den hundertsten A380 an die Fluggesellschaft Emirates aus. Dies in Erfüllung eines weit zurückliegenden Vertrags. Scheich Ahmed bin Saed el Maktum, Verwaltungsratschef und CEO der Golf-Airline, liess bei der feierlichen Zeremonie in Hamburg durchblicken, dass Airbus bei der bevorstehenden Dubai Air Show mit einem weiteren Grossauftrag für seinen doppelstöckigen Riesenflieger rechnen könne. Am Sitz des europäischen Flugzeugbauers im südfranzösischen Toulouse wurde aufgeatmet, denn Airbus hat von seinem Prestigeflieger seit über einem Jahr kein einziges Exemplar mehr abgesetzt. Am Wochenende eilte deshalb die ganze Chefetage nach Dubai, um die Frohbotschaft verkünden zu können; die Medien spekulierten nur noch, ob Emirates 36 oder 38 Maschinen des 430 Millionen Euro teuren A380 kaufen würden.

Ein harter Rückschlag

Am Sonntag erfolgte in Dubai dann in der Tat die Ankündigung eines Megadeals. Aber nicht etwa für Airbus, sondern für den Erzfeind Boeing. Die Amerikaner erhielten von Emirates zur allgemeinen Überraschung einen Bauauftrag über 40 Flugzeuge des Typs B787-10 im Wert von 15,1 Milliarden Dollar. Die Airbus-Gewaltigen verzogen sich diskret.

Der Rückschlag ist hart. Der A380, von amerikanischen Medien bereits zum «Ladenhüter» gestempelt, hätte den neuen Auftrag dringend benötigt. Die Werke in Hamburg und Madrid sowie die Endmontage in Toulouse laufen seit bald einem Jahr im minimalen Produktionsrhythmus. Andere Airlines als Emirates verlieren zunehmend das Interesse an riesigen Grossraumflugzeugen mit 500 Sitzen. Das Passagiervolumen nimmt zwar weltweit zu, weshalb Airbus – anders als Boeing –den Bedarf an A380 auf Jahrzehnte hinaus für sicher hielt. Doch das internationale Flugverkehrsmanagement wurde in den letzten Jahren stark perfektioniert. Die Airlines meistern das zunehmende Passagiervolumen daher auch mit mittelgrossen Flugzeugen.

Zu diesen gehört auch der später entwickelte A350, der pro Sitzplatz ähnlich tiefe Kosten bietet wie der A380 – und mit dem sich Airbus nun selber konkurrenziert. Ausserdem zeigen amerikanische Airlines dem europäischen Riesenflieger im wichtigsten Markt Nordamerika die kalte Schulter – so wie sie es einst mit dem britisch-französischen Überschallflugzeug Concorde getan hatten.

Das alles bedroht die gesamte Strategie der Europäer, die auf einer kompletten Angebotspalette aufgebaut und Entwicklungskosten von 10 Milliarden Euro für den A380 in Kauf genommen hatten, um den legendären Boeing-Rivalen B747 auszustechen. Dabei hätte auch ein neuer Emirates-Grossauftrag Airbus nicht mehr als eine Verschnaufpause verschafft. Noch sind zwar 100 Aufträge für den A380 hängig, was die zurückgefahrene Produktion auf mehrere Jahre sichert. Mögliche Abbestellungen sind dabei aber nicht berücksichtigt. Vor allem aber zögert Airbus selber, Forderungen der Airlines nachzukommen und neue Mittel in die Weiterentwicklung des A380 zu stecken – sei das mit komplett neuen Motoren oder bloss mit aerodynamischen Winglets an den Flügelspitzen.

Emirates will Garantien

Diese Selbstzweifel sind letztlich auch der Grund dafür, dass Emirates den Kauf neuer A380-Maschinen aufgibt oder zumindest vertagt. Der Brite Tim Clark, Präsident der Staats-Airline von Dubai und Vorsitzender der Emirates-Stiftung, erklärte am Montag, er brauche zuerst die Garantie, dass Airbus den A380 «mindestens zehn Jahre» weiterbaue. Sonst lohnten sich die Investitionen nicht. Und das Wort des Emirates-Chefs hat Gewicht, ist seine Gesellschaft doch Erstkunde mit insgesamt 142 A380-Bestellungen – weit vor Singapore Airlines.

Luftfahrtexperten fragen sich, ob die neue Grossbestellung bis Ende der Dubai Airshow am Donnerstag noch nachgeholt wird. Die Airbus-Manager dürften zwar ziemlich verschnupft sein über die Art, wie sie in Dubai desavouiert wurden. Doch die Europäer haben keine Wahl als zu hoffen. Der Überraschungscoup von Emirates zeigt, wer beim Thema A380 das Sagen hat: Es ist nicht länger die Airbus-Zentrale in Toulouse, sondern das Emirat Dubai.

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