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Wie wird man Winzer?

Viele Winzer stammen aus einer ebensolchen Familie. Andere sind Quereinsteiger. Und wieder andere verlassen den Beruf mangels Anbaufläche. Der Werdegang und die Winzer selbst sind beinahe so vielfältig, wie das von ihnen stammende Sortiment. Wir haben Theorie und zwei Beispiele.

Südostschweiz
24.10.16 - 13:57 Uhr
Ereignisse

Theorie

Eine Winzerlehre dauert drei Jahre. Sie kann direkt nach dem Abschluss der Volksschule begonnen werden. Der Lehrling absolviert diese in mindestens zwei Betrieben und besucht den Schulunterricht blockweise. Die restliche Zeit arbeitet er auf dem Weingut.

Themen sind Pflanzenbau, Mechanisierung und technische Anlagen, Arbeitsumfeld. Die Grundbildung kann auch mit dem Schwerpunkt Biolandbau absolviert werden. Weiter kommen Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Hygiene und Qualitätssicherung, Einsatz von Hebefahrzeugen, Pflanzenschutzgeräten und Weintechnologie dazu. Als Abschluss gibts den eidgenössischen Fähigkeitsausweis «Winzer/in EFZ». Im Anschluss kann die Berufsmatura absolviert werden.

Mit einem landwirtschaftlichen Berufsattest, einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis eines anderen Berufs oder mit einem Maturitätsabschluss verkürzt sich die Ausbildung zum Winzer in der Regel auf zwei Jahre. Und mit einem Fähigkeitszeugnis eines anderen landwirtschaftlichen Berufs kann sich die Ausbildung auf ein Jahr verkürzen.

Nach der Lehre können Weiterbildungen wie die Berufsprüfung, die höhere Fachprüfung, die höhere Fachschule oder die Fachhochschule besucht werden.

Beispiel 1: Silas Hörler

Der 32-Jährige Ostschweizer Silas Hörler lernte nach seiner Schulzeit Koch. Danach besuchte er die Rekrutenschule und kehrte in seinen ursprünglichen Beruf zurück. «Schon damals», erzählt Hörler, «war das Interesse am Wein aber grösser als am Essen.»

«Innerhalb meiner Familie konnte ich im Jahr 2012 30 Aren pachten», erzählt Hörler. Daraus entstand im selben Jahr der erste Wein mit eigener Etikette. Zwei Jahre später konnte Hörler Trauben zukaufen, woraus der zweite eigene Wein entstand. Und in den vergangenen Jahren kamen weitere Lagen und damit Mengen hinzu. Aktuell vinifiziert Hörler vier eigene Weine.

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Silas Hörler.

2007 begann Hörler eine Winzerlehre. Nach je einem Jahr bei Peter Hermann in Fläsch und auf Schloss Salenegg in Maienfeld schloss er mit der Note 5,5 ab. Es folgte ein Auslandaufenthalt in Australien. Und als das Weingut Davaz in Fläsch nach Hörlers Rückkehr einen Praktikanten suchte, stieg er im grössten Betrieb der Herrschaft ein. «Als kurze Zeit später der Kellermeister kündigte, frage mich Andrea Davaz, ob ich den Keller übernehmen wolle», erzählt Hörler weiter. Und er wollte.

Nach sechs interessanten und erfolgreichen Jahren und dem zusätzlichen Abschluss der Sensorik-Lizenz kam die Anfrage von Hanspeter Lampert vom Weingut Heidelberg in Maienfeld. Dort übernahm Hörler Anfang Jahr die Leitung des Kellers. Es sei ein langsamer Einstieg in einen renommierten Betrieb und eine zukünftige Nachfolgeregelung.

Beispiel 2: Philipp Stocker

Einen anderen Weg hat Philipp Stocker aus Fläsch eingeschlagen. Der heute 33-Jährige arbeitete als Kind oft in den Wingerten oder im Keller von Nachbar Christian Hermann. So kam mit 15 Jahren der Berufswunsch Winzer in ihm auf. «Nachdem ich auch in andern Berufen geschnuppert hatte, begann ich im Jahr 2000 meine Winzerlehre in der Westschweiz. Das erste Lehrjahr vermittelte ihm Hermann. Es folgten weitere Lehrjahre im Zürcher Weinland und bei Andrea Davaz in der Herrschaft, wie Stocker erklärt.

In der Regel wechseln die Lehrlinge den Betrieb jedes Jahr. Stocker schloss die Lehre im Jahr 2003 ab und absolvierte anschliessend die Rekrutenschule. Die berufliche Zukunft liess er damals auf sich zukommen.

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Philipp Stocker.

Nach dem Militär jobbte er als Schreiner, ehe er bei Cottinelli in Malans und Lampert in Maienfeld bis 2011 auf seinem Beruf arbeitete. Dann entschied er sich, den Winzerberuf zu verlassen und die Polizeischule zu absolvieren. Heute arbeitet Stocker als Polizist. «In der Familie gab es keinen Weinbaubetrieb, und da sich keine Möglichkeit zu einer Übernahme eines solchen ergab, entschloss ich mich, eine neue Herausforderung anzunehmen.» Im selben Jahr heiratete Stocker, ein Jahr später wurde er zum ersten Mal Vater.

In seiner Klasse stammten zwei von 18 Lehrlingen nicht aus einem Weinbaubetrieb. Heute sei dies anders, die Zahl der Winzerlehrlinge ohne familiären Weinbauhintergrund sei deutlich höher als zu seiner Lehrzeit. (phw)

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