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Zurückgewiesene Fliegen suchen Trost im Alkohol

Frusttrinker gibt es nicht nur beim Menschen - auch Fliegen stürzen sich, vom Leben enttäuscht, gern auf Alkohol. Ob die Mechanismen im Hirn sich gleichen, sei aber noch nicht hinlänglich untersucht, erklären US-Forscher im Fachmagazin «Science».

Südostschweiz
15.03.12 - 22:04 Uhr

Washington. – Wenn männliche Fruchtfliegen keinen Sex bekommen, suchen sie Trost im Alkohol. Sexuell zufriedene Fliegen-Männchen trinken deutlich weniger, wie die Forscher um Galit Shohat-Ophir von der University of California in San Francisco herausgefunden haben. Sex und Alkohol aktivieren beide ein Belohnungszentrum im Gehirn.

Die Forscher brachten männliche Fruchtfliegen mit weiblichen im Labor zusammen, die sich zuvor bereits gepaart hatten. Die Weibchen hatten also kein Interesse mehr an Sex und wiesen die Männchen zurück. Anschliessend vor die Wahl gestellt zwischen normalem und Ethanol-haltigem Futter, stürzten sich die frustrierten Männchen auf den Alkohol.

Die Forscher fanden auch eine Erklärung für das Verhalten: Sex und Alkohol veränderten den Gehalt eines kleinen Moleküls im Gehirn der Fliegen, berichten sie. Nach Sex werde mehr von dem Neuropeptid F genannten Molekül gebildet. In der Folge lasse das Verlangen nach Alkohol nach.

Bei zurückgewiesenen Fliegen-Männchen hingegen sei das Neuropeptid F-Level sehr niedrig. Die Fliegen erhöhten ihn durch den Verzehr von Alkohol. In verschiedenen Experimenten belegten die Forscher diese Annahme. Sie konnten das Trinkverhalten der Fliegen beeinflussen, indem sie den Neuropeptid F-Gehalt im Gehirn gezielt veränderten.

Beim Menschen gebe es ein ähnliches Molekül, das Neuropeptid Y, heisst es in einer Mitteilung der Uni von Kalifornien. Es sei bekannt, dass Menschen mit einer Depression oder posttraumatischer Belastungsstörung - also mit Erkrankungen, die oft mit Alkohol- und Drogenmissbrauch einhergehen - geringe Neuropeptid-Y-Level besitzen.

Es sei verführerisch, das bei den Fliegen beobachtete Verhalten auf den Menschen zu übertragen, schreibt Troy Zars von der University of Missouri in einem Kommentar. Ein solcher Zusammenhang sei noch nicht erwiesen. Die Entdeckung des Neuropeptid-Systems lasse aber hoffen, die molekularen und genetischen Grundlagen von Belohnung sowie den Einfluss auf Missbrauchsverhalten besser zu verstehen. (sda)

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