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Man bittet, mit den Passagieren zu sprechen

«Dr Bus vu Chur»: Was sympathisch klingt, dürfte das wohl unkommunikativste Nahverkehrssystem der Schweiz sein. Da nützt es auch nichts, dass die Haltestellen in urigem Churer Dialekt angesagt werden – ab Tonband.

Südostschweiz
05.12.12 - 14:51 Uhr

Von David Sieber

Chur. – Denn live bringen die meisten Chauffeure kaum ein Wort über die Lippen. So wie Ende letzter Woche. Ein Bus der Linie 4 versagt den Dienst. Da können die nächsten Busse am lädierten Fahrzeug vorbeirauschen, der Chauffeur weist die langsam ungeduldig werdenden Mitfahrer nicht auf die potenzielle Umsteigemöglichkeit hin. Kein Wort aus seinem Mund. Nix. Nada. Auch die Türen bleiben zu. Erst als ein Fahrgast ihn auf dieses nicht eben kundenfreundliche Verhalten hinwies, findet er die Sprache wieder – und schimpft den Passagier aus.

Wenn es ein Einzelfall wäre,  würde man ja nichts sagen. Doch es ist die Regel. Fährt ein Kurs aufgrund eines Festes oder einer Baustelle einen Umweg, erfährt man davon genau in dem Moment, wenn er eine völlig andere Richtung einschlägt und die gewünschte Haltestelle einfach auslässt. Die Einheimischen sind sich das ja gewohnt. Aber die Gäste? Die können zum Kreuzspital wollen und beim Fontana landen, ohne dass der Chauffeur nur einen Mucks von sich geben würde. Und auf dem Bildschirm des «Informationssystems» läuft praktisch in Endlosschlaufe ein sexistischer Werbespot für ein Spielcasino. Aktuelle Informationen zur Verkehrs- und Verspätungslage gibts keine.

Aber wie sollen die Chauffeure auch die Zeit finden, mit ihren Passagieren zu sprechen? Sie  hetzen dem Fahrplan hinterher und hoffen, dass alle betagten  Personen an Bord rechtzeitig  einen Sitzplatz erreicht haben – wenn sie sich überhaupt bewusst sind, einen Bus und keinen Kieslaster zu pilotieren.

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