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Ein Mann Gottes, des Friedens und der Freude

Am Dienstag hat die Disentiser Klostergemeinschaft mit Hunderten Einheimischen, Gästen, heutigen und ehemaligen Schülern Abschied genommen von Abt Pankraz Winiker. Ein Blick zurück in Pax und Gaudium.

Südostschweiz
31.10.13 - 10:57 Uhr

Von Jano Felice Pajarola

Sie war dick, unsere Maturazeitung, damals, als wir uns mehr oder weniger reif in ein Leben nach Disentis aufmachten. So dick, dass ein Buch daraus wurde. Es gab also viel Platz darin, Platz, der nicht zuletzt für sarkastische Beiträge über unsere Lehrpersonen genutzt werden musste, es gab ja einen Ruf zu verlieren. In einem Text allerdings fehlt jegliche Häme oder Unverfrorenheit, im Gegenteil, auch heute noch spricht aus den Zeilen eine, ja, Zuneigung, wie wir sie wohl für kaum einen anderen Lehrer empfanden.

Die Zeilen schildern eine Morgenszene an der Klosterschule, Musikunterricht, Gymnasiasten mit Augenlidern und Motivation auf Halbmast, Disentis liegt draussen noch im Winterdunkel, und vor den müden Mädchen und Jungen steht er: Abt Pankraz Winiker, «Panki», wie ihn alle nannten, unverdrossen schwenkt er dirigierend die Arme, «das Skapulier über die Schulter geschwungen und das Abtskreuz bescheiden eingesteckt». Und tatsächlich, die Schülerstimmbänder vibrieren, der Funke springt über, zündet. «Ein helleher Morgehen ohohne Sorgehen …»

Was wussten wir damals über ihn? Wenig. Aber wir empfanden etwas: dass er es schaffte, die christlichen Tugenden auch im Schulalltag zu leben; dass sein Abtswahlspruch «Pax et gaudium» sein eigentliches Wesen ausmachte. Und für uns war damit der Deal klar: Friede und Freude liessen und machten wir uns gegenseitig. Vermutlich hielten es Generationen von Klosterschülern so, seit den ersten Unterrichtsstunden von Abt, nein, Pater Pankraz anno 1951.

Im Gebet um Klarheit gerungen

26 Jahre alt war er damals, in Beromünster (Kanton Luzern) als Josef Winiker geboren, der Vater, ein Tuchhändler, hatte ihn 1942 nach Disentis an die Klosterschule geschickt, Josef wollte Priester werden, oder vielleicht doch Mönch? Nach Matura und Start des Priesterseminars in Luzern «rang ich im Gebet während Monaten um Klarheit», wird sich Abt Pankraz später zurückerinnern. 1946 fiel der Entscheid: Mönch. Und nach der Priesterweihe wurde er in Disentis gleich im Schuldienst ein-gesetzt. Buchhaltung, Geografie, Mathematik. Ohne Lehrerausbildung. «Eine schwierige Zeit für ihn, aber er hat sie gemeistert und ist an ihr gewachsen», sagt der heutige Abt Vigeli Monn. «Der Kontakt zur Jugend wurde ihm zur Freude.» Und er wurde im Kloster gebraucht: ab 1972 als Subprior, dann auch als Novizenmeister, ab 1988 als Abt. Zwölf Jahre später, mit 75, emeritierte er.

Musik, die grosse Leidenschaft

Der letzte Dienstag im Oktober, es ist Zeit, von Abt Pankraz Abschied zu nehmen, «sein Tod kam überraschend, auch wenn wir um seinen labilen Gesundheitszustand wussten»,  meint Abt Vigeli vor der grossen Trauergemeinde in der Klosterkirche. Der Schülerchor singt eine festliche Messe, zwei Jahrzehnte lang hat «Panki» ihn geleitet, Musik war seine grosse Leidenschaft, dank ihm wurde sie es auch für viele Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, der Funke sprang oft über, nicht nur an jenem Wintermorgen vor gut 20 Jahren. «Ich will die Jugend verstehen und in sie hineinhorchen», sagte Abt Pankraz einmal. Und so bleibt er für die einst morgenmüden Mädchen und Jungen als das in Erinnerung, was er – so Abt Vigeli – auch für seine Mitbrüder war: «ein gütiger, liebender Abbas, ein Vater.»

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