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Mehr als 70 Tote bei Krawallen in Ägypten

Bei schweren Ausschreitungen nach einem Spiel der ägyptischen Fussball-Meisterschaft sind am Mittwochabend über 70 Menschen ums Leben gekommen.

Südostschweiz
02.02.12 - 19:06 Uhr

Fussball. – Die Ausschreitungen begannen, nachdem das Spiel zwischen den Teams Al-Masri und Al-Ahli (3:1) abgepfiffen worden war. Zuschauer stürmten auf den Platz und machten Jagd auf Spieler des Kairoer Klubs Al-Ahli. Viele Menschen wurden totgetrampelt oder erdrückt. Das Spiel in Port Said war bereits vor Beginn von regionalen Zeitungen als «Treffen der Vergeltung» bezeichnet worden. Al-Ahli zählt zu den bekanntesten und wichtigsten Fussballvereinen in Ägypten und war lange Zeit ungeschlagen.

FIFA-Präsident Sepp Blatter zeigte sich entsetzt: «Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Todesopfer. Ihnen gilt mein tiefes Mitgefühl. Zu den Gründen der Katastrophe kann ich mich nicht äussern, eines aber steht fest: Es ist ein schwarzer Tag für den Fussball. Ein solches Drama ist jenseits des Vorstellbaren und darf nicht geschehen.»

Spieler von Al-Ahli sagten lokalen Medien, die Sicherheitskräfte hätten nichts unternommen, um sie zu schützen. Der Militärrat kündigte an, zwei Militärflugzeuge nach Port Said zu schicken, um die Spieler von Al-Ahli abzuholen, wie das Staatsfernsehen berichtete. Der ägyptische Fussballverband EFA setzte vorerst alle Spiele aus.

Der portugiesische Trainer von Al-Ahli, Manuel Jose, sagte, er habe Dutzende von Toten gesehen. Zahlreiche schwer verletzte Fans seien von Ärzten seines Vereins behandelt worden, viele seien dabei in der Umkleidekabine gestorben. «Die Schuld hat einzig und allein die Polizei. Es waren Dutzende im Stadion, aber die sind plötzlich alle verschwunden oder haben gar nichts unternommen», sagte der 65-Jährige empört kurz nach den Zwischenfällen im Telefon-Interview mit dem portugiesischen TV-Sender SIC.

Al-Ahlis Co-Trainer Oscar Elizondo sprach von politisch gefärbter Gewalt. «Es gibt viel Hass», sagte er. Das Verhalten der Polizei bezeichnete er als Schande: «Es gab 3000 Polizisten und wohl niemand wurde verhaftet.» Spieler und Trainer seien in «Militärfahrzeugen, die wie Kriegspanzer aussahen», aus dem Stadion gebracht worden.

Als Reaktion auf die möglicherweise politisch motivierten Krawalle wurden mehrere Verantwortliche entlassen, darunter der Gouverneur und der Chef der Sicherheitskräfte von Port Said. Auch die gesamte Führung des nationalen Fussballverbands wurde entlassen. Die Vorstandmitglieder sollen von der Staatsanwaltschaft verhört werden. Der Militärrat rief eine dreitägige Staatstrauer aus. (si)

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