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Markus Bachschmied: «Dieses Projekt wertet das Ostschweizer Eishockey auf»

Markus Bachschmied wurde als Goalie mit dem HC Lugano Schweizer Meister. Jetzt ist er Präsident des SC Herisau, der ab kommender Saison das Farmteam der Rapperswil-Jona Lakers sein will.

Südostschweiz
22.12.14 - 18:00 Uhr

Eishockey. – Die Lohnkosten für ein NLB-Team betragen 1,5 Millionen Franken. Die Hälfte davon soll von den Rapperswil-Jona Lakers gedeckt werden («suedostschweiz.ch» berichtete). Effektiv entstehen aber viel tiefere Mehrkosten. Bereits in dieser Saison leisten sich die Lakers einen sechsten Block, der mit 500 000 Franken zu Buche schlägt.

Die überzähligen Spieler werden derzeit vor allem Hockey Thurgau abgegeben. Für das Farmteam SC Herisau benötigen die Lakers künftig einen siebten Block und einen vierten Torwart, was 250 000 Franken kosten wird. Diese Mehrauslagen sollen über Spenden gedeckt werden. Durch die verbesserte Nachwuchsarbeit werden innerhalb von fünf Jahren die Mehreinnahmen von Ausbildungsentschädigungen aus Transfers den jetzigen Mehraufwand decken.

Wie und wann hat die Zusammenarbeit mit den Lakers begonnen? Markus Bachschmied: Ideen in diese Richtung gab es schon lange. Konkret wurde es aber erst, als mich Harry Rogenmoser vor vier Monaten anrief. Wir hätten gerne noch länger in Ruhe daran gearbeitet.

Gab es ein Informationsleck? Nachdem wir unser Projekt der National League vorgestellt hatten, ging offenbar etwas raus. In der Nachbetrachtung ist es aber gut so. Wir haben viele positive Reaktionen erhalten. Unsere Facebook-Seite wurde in wenigen Tagen 3000-mal besucht. Das könnte uns helfen. Schliesslich müssen noch 300 Regionalligavereine unser Vorhaben für gut befinden.

Gab es denn keine Reaktionen im Sinne von «Hilfe, wir verlieren unsere Eigenständigkeit»? Solche Gedanken machen sich nur die Journalisten. Die Reaktionen sind sehr positiv, die Leute freuen sich, wenn sie bei uns wieder höherklassiges Eishockey sehen können.

Rational betrachtet verschafft das Projekt allen Beteiligten Vorteile … Tatsache ist, dass die NLB einen Ausbildungsauftrag hat, den aber neben den GCK Lions niemand so erfüllt, wie er sollte. Die Lions haben die anderen Vereine in der Nachwuchsarbeit um Jahrzehnte abgehängt. Sie generieren jährlich eine halbe Million Franken aus Transfergeschäften mit jungen Spielern, während die anderen dafür sechsstellige Summen ausgeben.

Und die Ostschweiz kann davon profitieren … Die Ostschweiz ist seit Jahren ein weisser Fleck im Schweizer Eishockey. Traditionsvereine wie der SC Herisau sind im Niemandsland verschwunden, und die grossen Vereine holen unsere Talente früh ab. Vom Jahrgang 1994 gab es in der Ostschweiz 104 Elitespieler. Davon haben jetzt neun einen Vertrag mit einem NLA-Verein und 14 mit einem NLB-Verein. Der Rest ist irgendwo versandet. Sobald diese jungen Spieler in die 1. Liga kommen und sich beruflich neu ausrichten müssen, ist es gelaufen.

Für einen 2.-Liga-Verein wie Herisau muss das ziemlich frustrierend sein. Wir haben für die Katz gearbeitet, weil das ganze Konstrukt nicht stimmt. Wir kümmern uns um die Spieler, bis sie 16 Jahre alt sind. Nachher wird es schwierig. Das Projekt soll nachhaltig eine positive Veränderung bringen.

Derzeit spielt Herisau in der 2. Liga. Ist es wirklich möglich, innert weniger Monate ein NLB-Team auf die Beine zu stellen? Die Kader-Zusammenstellung ist unser kleinstes Problem. Die Lakers werden im Spätsommer einen Cut machen. Anschliessend werden sie uns elf Spieler zur Verfügung stellen. Seit die Sache publik geworden ist, haben sich schon einige junge Spieler bei uns gemeldet. Das Ziel ist, dass nur noch Spieler aus der Ostschweiz bei uns sind. Das lässt sich aber nicht von heute auf morgen realisieren. Derzeit haben wir in Herisau fünf bis sechs U16-Spieler, die einmal ein Thema für die NLB werden könnten.

Sie haben eine Kaderstelle bei der Publicitas. Werden Sie jetzt dort kürzertreten, damit sie sich mehr um den SC Herisau kümmern können? Die Lakers als treibende Kraft haben die nötige Power, um so etwas durchzuziehen. Ich werde das Projekt weiter als Präsident des SC Herisau unterstützen, aber ums operative Tagesgeschäft werden sich andere kümmern, weil mir die Zeit fehlt. Es gibt noch einige Steine aus dem Weg zu räumen.

Welche denn? Die Zustimmung der National League dürfte kein Problem sein. Die NLB hat jetzt nur neun Vereine, künftig sollen es wieder zwölf sein. Schwieriger ist es, die regionalen Vereine, die ebenfalls mitbestimmen, davon zu überzeugen.

Könnte es dort Neid geben? Ich hoffe nicht. Der SC Herisau ist geeignet für diese Aufgabe, weil er Infrastruktur und Tradition mitbringt. Wir müssen die anderen Vereine davon überzeugen, dass das Projekt auch ihnen Vorteile bringt. Es bringt Vorteile für die ganze Ostschweiz.

Herisau spielte vor 17 Jahren in der NLA. Wo liegen die Gründe für die Talfahrt in die 2. Liga? Wahrscheinlich war es falsch, nach dem Abstieg in die Nationalliga B gleich wieder in die NLA zu wollen. Man hat es verpasst, das Budget der NLB anzupassen. Dann gab es einen Knick, und es ging noch weiter hinunter. (mm)

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