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Jason Spezza: «Der Effort ist keine Frage des Lohnes»

Am Freitag dürfte es soweit sein. Jason Spezza, Superstar der Ottawa Senators, wird sein Debüt im Dress von Rapperswil-Jona geben. Im Interview spricht der 29-jährige Kanadier über seine grösste Herausforderung, den Lockout und vieles mehr.

Südostschweiz
28.09.12 - 13:50 Uhr

Mit Jason Spezza sprach Kristian Kapp

Jason Spezza, eine Frage interessiert die Schweizer Eishockey-Fans am meisten, insbesondere jene der Rapperswil-Jona Lakers. Werden Sie am Freitag im Heimspiel gegen die ZSC Lions schon mittun? Jason Spezza: Ja, ich denke schon. Die Entscheidung liegt aber bei Trainer Harry Rogenmoser.

Sie waren letzte Saison einer der besten Skorer der NHL. Warum haben Sie sich für die Zeit während des Lockouts für die Schweiz entschieden? Hier habe ich die Möglichkeit, Eishockey auf hohem Level zu spielen und dies in einem schönen Land. Ich bin ein Eishockeyspieler. Ich will spielen. Ich wollte nicht zu Hause herumsitzen und abwarten. Ich habe nun die Gelegenheit, aus einer schlechten Situation zuhause das Beste zu machen.

Sie sind nun beileibe nicht der einzige NHL-Star in der NLA. Warum kommen generell so viele «Lockout-Spieler» ausgerechnet in die Schweiz? Viele Spieler hatten beim letzten Lockout vor acht Jahren eine grossartige Erfahrung gemacht. Und wir reden halt untereinander. Die Liga hier hat einen guten Ruf, genauso wie das Land. Die Schweiz steht für freundliche Leute, einen sehr sicheren Ort für Familien und eine Destination, wo du gerne deine Zeit verbringst. Auch für mich war klar, dass ich bei einem Lockout nur in der Schweiz spielen würde.

Russland und die KHL waren keine Option? Nicht für mich. Nein. Ich fühle mich in der Schweiz viel wohler. Hier ist für mich die ganze Situation besser.

Hatten Sie zuvor je etwas von einer Stadt namens «Rapperswil» gehört? Nicht wirklich. Ich wusste ein wenig Bescheid über die Schweizer Liga, da schon beim letzten Lockout einige Spieler aus der NHL hier waren. Ich habe mich bei diesen informiert. Besonders bei Joe Thornton und Rick Nash habe ich nachgefragt.

Die Erwartungen der Fans sind gross. In welcher Rolle sehen Sie sich bei den Lakers? Ich bin ein Offensivspieler und hatte in der Offensive immer viel Erfolg. Ich möchte so schnell wie möglich ein Teil des Teams werden. Ich erwarte keine besondere Behandlung. Ich will auf die beste Art und Weise dem Team helfen, Spiele zu gewinnen.

Wie würden Sie sich als Spieler beschreiben? Ähnlicher Spielertyp wie der «Davoser» Joe Thornton? Ich denke schon. Wir sind beides eher Spielmacher. Und grosse Jungs auf der Centerposition, die gerne den Puck haben. Ich schiesse wohl etwas öfter als Joe. Im ersten Training mit den Lakers habe ich neben sehr schnellen Flügeln gespielt. Ich werde versuchen, mit dem Puck das Spiel zu verlangsamen, um sie dann mit ihrem Tempo für plötzliche Gegenstösse auf den Aussenbahnen zu lancieren. Auf dem grossen europäischen Eis kannst du zudem noch geduldiger sein mit dem Puck, da du mehr Zeit hast.

Joe Thornton spielt in Davos nicht wie in der NHL als Center, sondern als Flügelstürmer. Wäre das auch etwas für Sie? Das wusste ich gar nicht über Joe. Ich selbst habe so gut wie noch nie als Flügel gespielt. An diversen Weltmeisterschaften wurde ich teilweise als Flügel eingesetzt, da auf dem grossen europäischen Eisfeld auf dieser Position die defensive Verantwortung kleiner ist als jene des Centers. Ich bin aber offen für alles. Ausser Goalie oder Verteidiger (lacht). Es kommt auch darauf an, wie ein Coach seine Center spielen lassen will. Wir werden darüber reden, müssen aber nicht all unsere Geheimnisse hier schon preisgeben.

Macht es für Sie zu etwas Besonderem, dass Sie in der Schweiz auf andere bekannte Stars aus der NHL treffen werden? Nur ein wenig, wenn überhaupt. Die grösste Freude habe ich an der Challenge hier. Es ist alles neu für mich. Neue Liga, neues Team. Ich werde als Person herausgefordert, wie ich diese Situation akzeptieren kann und wie ich spielen werde.

Sie kamen auch auf Anraten von Doug Gilmour, der 1994 als «Lockout-Spieler» nach Rapperswil-Jona kam. Was waren die wichtigsten Dinge, die Sie von ihm wissen wollten? Ich wollte einfach seine Meinung über die Stadt und seine Erfahrungen hier kennen. Da ich Frau und Kinder mitgebracht habe, wollte ich sicher sein, dass wir an einen Ort kommen, wo sie sich ebenfalls wohl fühlen würden. Nun ist aber alles schöner, als ich es mir erhofft habe. Mir gefällt die Stadt, der See und eine Hockeyarena im alten Stil, wo die Fans über uns sind. Ich mag auch, dass Rapperswil eine kleine Stadt ist. Zum einen werden wir uns schneller zurecht finden. Zum anderen ist es oft so, dass Teamkollegen in einer Kleinstadt öfters Sachen zusammen unternehmen und so die Integration für mich noch einfacher sein wird.

Wie wurden Sie vom Team aufgenommen? Im Eishockey ist das nie ein Problem. Ein Hockeyspieler ist ein Hockeyspieler. Da ist es normal, dass du gleich 20 Freunde hast. Wenn du in die Garderobe läufst, sind die Witze überall meistens die gleichen.

Wie lange wird der Lockout dauern? Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Sie müssen die Leute fragen, die momentan am verhandeln sind. Es wäre reine Spekulation, wenn ich jetzt ein Datum oder eine Zahl nennen würde. Wegen dieser Ungewissheit wollte ich sicher gehen, dass ich irgendwo auf hohem Niveau spielen kann.

Wie weit waren Sie als Spieler in die Gespräche mit den Klubbesitzern involviert? Ich war ziemlich involviert. Ich ging an viele Meetings, auch solche, bei denen effektiv verhandelt wurde. Auch wenn ich jetzt in Europa bin, werde ich mich ständig auf dem Laufenden halten und Teil von Telefonkonferenzen sein – auch wenn das mit der anderen Zeitzone nicht immer möglich sein wird.

Wie war es, an all diese viele Meetings zu gehen und dennoch nie einen Fortschritt im Streit zwischen Teambesitzern und Spielern mitzuerleben? Es ist frustrierend. Wir wollen ja eine Einigung und eine gesunde Liga. Aber wir sind momentan nicht einmal in der Nähe davon. Die Klubbesitzer haben uns bislang nichts angeboten, das es überhaupt wert wäre, angeschaut zu werden. Das ist frustrierend, da wir auf keinen Fall eine ganze Saison verlieren wollen. Aber das ist wohl die Politik dieses Spiels. Ich hoffe, dass wir uns einigen können und das Ganze nie mehr zum Thema wird, weil dann «Labour-Frieden» herrscht.

Wie sehr wird der Lockout dem Eishockey in Nordamerika schaden? Dieses Thema ist wirklich eine Unbekannte. Vor acht Jahren erholte sich unser Sport sehr gut. NHL-Eishockey hat aktuell einen guten Stand. Ich hoffe, dass es auch dieses Mal der Fall sein wird und die Fans nicht beeinflusst werden, wie sie über das Spiel denken.

Angenommen, der Lockout dauerte die ganze Saison. Würden Sie auch fürs Team Canada am Spengler Cup spielen? Ich denke schon. Es ist zwar noch ein bisschen weit weg, aber auch etwas, worüber schon geredet wurde.

In der NHL verdienen Sie rund sieben Millionen Dollar im Jahr. Die Lakers bezahlen zwar die Versicherung für Ihren NHL-Lohn und kommen für Kost und Logis auf. Sie erhalten in Rapperswil-Jona aber weder Lohn noch Prämien. Warum machen Sie das? Ich will auch während des Lockouts einfach Eishockey spielen. Ich will an einem guten Ort in Form bleiben. Und was nie ändert, und zwar unabhängig vom Lohn, ist, wie sehr du kompetitiv bist. Ich bin hier, um dem Team zu Siegen zu verhelfen. Egal, wie viel man verdient: Niemand will sich blosstellen. Mein Effort wird hier der gleiche sein, wie er in Ottawa wäre.

In Ottawa spielen Sie in einem Team mit zahlreichen jungen Spielern, die vor dem Durchbruch in der NHL stehen. Macht dies einen möglichen ganzjährigen Lockout für Ihr Team vielleicht sogar etwas positiver, als er für ein «älteres» Team wäre? Eine ganze Saison zu verlieren, wäre natürlich grundsätzlich etwas Negatives. Aber bei den Senators ist es schon so: Viele der Jungen werden in Binghamton in der AHL spielen. Wenn es dann wieder losgeht, könnten wir einen Vorteil haben, da mehr Spieler in guter Form sein werden als vielleicht anderswo. Bei älteren Spielern kommt es vor, dass sie in so einem Fall mit längerer Pause generell weniger tun und weniger Schlittschuh laufen und dann eine Weile brauchen, um wieder in Fahrt zu kommen. Was mich persönlich angeht: Ich hoffe, dass ich dank meiner Zeit hier in der Schweiz auf dem richtigen Fuss erwischt werde, wenn es wieder in der NHL losgehen sollte.

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