×

Enzo Corvi: Einmal «Zero», einmal «Hero»

Enzo Corvi war vor sechs Jahren ein 2.-Liga-Spieler. Heute ist er in der NLA Leistungsträger beim HC Davos und einer der Gründe, wieso der HCD gegen Zug nur noch zwei Siege zum Finaleinzug braucht.

Südostschweiz
30.03.17 - 15:00 Uhr
Eishockey
Enzo Corvi durchlebt in der Halbfinal-Serie gegen Zug eine emotionale Achterbahnfahrt. Bild Keystone
Enzo Corvi durchlebt in der Halbfinal-Serie gegen Zug eine emotionale Achterbahnfahrt. Bild Keystone

von Kristian Kapp

Das Interview mit Enzo Corvi nach dem Training am Mittwoch muss kurz warten. Dopingkontrolle steht auf dem Programm und hat Vorrang. Nein, mit seinem Siegestor gegen Zug in der Overtime am Vorabend habe das nichts zu tun, verneint Corvi lachend. Der 24-jährige Churer hatte am Dienstag im vierten Spiel der Best-of-7-Serie gegen Zug den HC Davos wieder ins Meisterrennen zurückgeschossen.

2:2 steht es nun vor der fünften Partie am Donnerstag in Zug (19.45 Uhr), nachdem der EVZ die ersten beiden Partien gewonnen hatte. Corvi erlebte damit in dieser Serie bereits die beiden am extremsten auseinanderliegenden Gefühlslagen in einer Overtime. Am Dienstag in Spiel 4 war er gefeierter Held. In Spiel 1 exakt eine Woche zuvor in Zug hatte er den EVZ-Siegtreffer von der Strafbank aus mitansehen müssen. Welch ein Kontrast.

Ich verdanke Yannick Del Curto viel

Hero oder Zero, oft ist das ein schmaler Grat. In den Playoffs gelte in beiden Fällen «abhaken und vorwärtsschauen», sagt Corvi. Aber bei der «Variante Zero» falle das schwieriger: «Ich nervte mich noch am Tag danach. Es war eine blöde Aktion gewesen. Ein dummes Foul nach einem unnötigen Scheibenverlust. Ich war von mir enttäuscht. Wir hatten das Spiel wegen mir verloren, das ging mir nicht aus dem Kopf.»

Und was dem Streuen von Salz in eine offene Wunde gleichkam: In Zug durfte er nach der Entscheidung noch den Preis des «Best Players» des HCD entgegennehmen – das war mehr Schmähung denn Ehrung. «Das machte mich in jenem Moment wütend», sagt Corvi. «Aber auch da galt: abhaken und vergessen.»

.
Corvi ist kein physischer Haudrauf, im Zweikampf behaupten kann er sich trotzdem. Bild Keystone

Corvis Entwicklung in Davos bleibt auch fünf Jahre nach seinem Wechsel aus Chur bemerkenswert. Er dürfte der einzige Stammspieler in der NLA-Meisterschaft sein, der diese Rolle auch in der 2. Liga schon innehatte – drei Stufen tiefer. «Wahrscheinlich bin ich das. 2. Liga und NLA, das sind wirklich zwei Welten», sagt Corvi. Und er weiss: «Es ist auch Glück, dass ich hier bin.» Der Mittelstürmer hat sich nicht als physischer Haudrauf einer vierten Linie in der NLA festgekrallt, wie dies der Werdegang vermuten liesse. Der Churer ist am Stock ein Hochbegabter, gehört zu den technisch besten Schweizer Stürmern überhaupt. Und dennoch brauchte es spezielle Umwege und einen Zufall, bis er in Davos und der NLA landete. Yannick Del Curto spielte gemeinsam mit Corvi 2.-Liga-Hockey und empfahl seinem Vater, dem NLA-Trainer in Davos, sich diesen brillanten Spieler einmal näher anzuschauen. Der Rest ist bekannt. «Ich verdanke Yannick viel», sagt Corvi.

Niederreiter ging, Corvi (noch) nicht

Corvi hätte bereits vier Jahre zuvor nach Davos wechseln können. Vier Churer Nachwuchsspieler, er, Nidal Agha, Kevin Maissen und ein gewisser Nino Niederreiter, führten Gespräche mit dem HCD. Nur Maissen und Niederreiter gingen den Weg nach oben. Vielleicht hätte auch er damals schon zusagen sollen, sagt Corvi heute. «Aber ich war erst 16 und dachte, es sei etwas früh, bereits aufs Eishockey zu setzen. Ich wusste ja nicht, ob ich den Durchbruch auch schaffen würde.»

Bei allem Talent. Der Weg zum Stammspieler und Leistungsträger in der NLA war steinig. Corvi hatte wichtige Jahre der Spiele, aber vor allem der Trainings auf Profiniveau verpasst, musste vieles auf- und nachholen – und war immer wieder verletzt. Einen Zusammenhang kann Corvi nicht verneinen: «Wenn du aus der 2. Liga kommst, wo du bloss zwei Mal die Woche trainierst, macht der Körper nicht alles mit, wenn du plötzlich täglich ran solltest», erklärt er. «Das brauchte Zeit.» Genau genommen vier Jahre.

Klar, Corvi hinterliess immer wieder Spuren und liess ein paar Augenbrauen in die Höhe schnellen, wenn er in lichten Momenten die Gegner und den Puck für sich tanzen liess. Aber ein konstanter Spieler auf NLA-Niveau, das war er nie. «Und genau das ist der nächste Schritt, den ich schaffen will», sagt Corvi. Den Anfang hat er gemacht. Er verpasste diese Saison zwar die ersten drei Spiele wegen Problemen am Handgelenk, danach kam er immer besser in Fahrt. Er zeigte auf, dass er in der Offensive ein Stürmer werden kann, der einen Skorerpunkt pro Partie bucht.

In der NLA ein guter Spieler sein

Das wird Corvi zum interessanten Mann auf dem Markt machen im Sommer 2019, wenn sein aktueller Vertrag ausläuft. Schweizer Center mit seinem Offensivpotenzial sind in der NLA zuletzt rar geworden. Corvis Werdegang ist also noch nicht zu Ende. Im Fokus stehen die Playoffs, er denke derzeit nicht oft an die Zeit zurück, als er in der 2. Liga dem Puck nachjagte, sagt Corvi – auch wenn die Kontakte zu Kollegen in Chur, Arosa oder Lenzerheide geblieben seien.

Welchen Weg Niederreiter nahm, sei Inspiration geblieben: «Nino ragte stets heraus. Und es wäre schön gewesen, auch seinen Weg einzuschlagen.» Es sei halt vieles passiert und dazwischengekommen. Trotzdem sei er nun, Umwege hin oder her, auf gutem Wege, das zu werden, was er immer sein wollte: «In der NLA ein guter Spieler sein.»

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Eishockey MEHR