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Dario Cologna: «Immer wieder der Beste sein»

Bis zum Weltcup-Auftakt der Langläufer in Kuusamo (Finnland) muss sich der Bündner Dario Cologna noch rund zwei Monate gedulden. Die neuen Herausforderungen geht der dreifache Olympiasieger mit einer gewissen Lockerheit an, sein Erfolgshunger ist gleichwohl keineswegs gestillt.

Südostschweiz
23.09.14 - 09:00 Uhr

Langlauf. – Im Interview mit der Sportinformation wirft Dario Cologna einen Blick zurück auf die Winterspiele in Sotschi und äussert sich zur bevorstehenden Saison, zu seiner Motivation, zum Trainerwechsel im Schweizer Team, zu hinterfragten Leistungen und zur Zeit nach seiner Karriere.

Dario Cologna, Sie haben in Sotschi mit dem Gewinn zweier Goldmedaillen Schweizer Sportgeschichte geschrieben. Wie lange hat es gedauert, um all die emotionalen Momente zu verarbeiten? Dario Cologna: Es war sicherlich eine sehr intensive Zeit. Aber es lief alles positiv, da verarbeitet man solche Ereignisse einfacher. Natürlich war die Luft zunächst ein bisschen raus. Da ich nach Sotschi wegen den Problemen mit dem Fuss nicht wie erhofft in den Weltcup einsteigen konnte, hatte ich Zeit, um nach der zweiten Operation alles zu verarbeiten. Ich habe dann bald die Motivation gefunden, um wieder zu trainieren.

Wie schafft es jemand wie Sie, der in seinem Sport alles erreicht hat, sich stets aufs Neue zu motivieren? Es ist sicherlich nicht immer einfach. Nach einer Saison wie der letzten habe ich schon etwas länger gebraucht. Es braucht über die Jahre hinweg schon viel Disziplin, um auf dem gewünschten Niveau zu sein. Seit 2009 habe ich in jedem Jahr mindestens einen grossen Titel errungen, hierfür war viel Aufwand nötig. Wenn man dann jeweils im Training ist, kommt die Motivation. Das Ziel ist es, immer wieder der Beste zu sein. Es macht keinen Spass, wenn man nur dabei ist und abgehängt wird. Wenn es gut läuft, macht es mehr Spass, das ist einfach so. Natürlich gibt es Momente, in denen man gerne mal ein Training weglassen würde. Aber wenn man dann mal draussen ist, dann ist es nicht mehr so schlimm und man fühlt sich nachher besser. Ich denke, das ist in etwa so wie bei einem Hobbysportler.

Die Probleme mit dem Fuss dürften mittlerweile endgültig ausgestanden sein. Bei Sprüngen ist noch nicht alles ganz gleich wie vorher, aber grundsätzlich kann ich alles machen, beispielsweise auch Fussball oder Unihockey. Ich denke dabei nicht mehr an die Verletzung. Beim Joggen musste ich mich zunächst wieder an die Schläge gewöhnen. Seit ungefähr Anfang Juli ist aber alles so, wie ich mir das gewünscht habe.

Im Trainer-Bereich nahm Swiss-Ski auf die neue Saison hin personelle Wechsel vor. Guri und Tor Arne Hetland verliessen das Team, unter anderen wurde der Slowake Ivan Hudac verpflichtet. Mit Ihnen wird diesbezüglich auch Rücksprache gehalten worden sein. Der Wunsch nach ein paar Veränderungen war da. Es war ein guter Zeitpunkt, um im Training neue Impulse zu setzen. Wir haben lange Zeit auf ähnliche Weise trainiert und gearbeitet. Mit dem neuen Trainer Ivan Hudac kam Neues. Ich denke, dies braucht es vielleicht auch, um weiterzukommen. Klar, selbstverständlich hat es vorher auch gut funktioniert. Ich weiss, was ich brauche. Mit neuen Leuten ist es womöglich einfacher etwas aufzubauen, als mit den gleichen Leuten etwas zu verändern.

Welche Änderungen gab es unter dem neuen Trainer Ivan Hudac? Seine Philosophie ist es, die Athleten im Training eng zu begleiten, sie zu sehen. Er will immer dabei sein und ist meist drei Wochen am Stück mit uns unterwegs, dann folgt eine etwas ruhigere Woche alleine. Alles ist ziemlich durchgeplant, sehr strukturiert.

Hudac' Vorgänger waren nicht so nahe am Team? Man kann nicht sagen, dass sie nicht nah am Team waren. Einzelne Trainings pro Woche wurden zusammen absolviert, ansonsten war man für sich alleine.

Spüren Sie nach all Ihren Erfolgen mittlerweile eine gewisse Lockerheit? Ich hatte mit Druck eigentlich nie Mühe, man braucht ihn irgendwo auch. Momentan sehe ich es aber schon ein bisschen lockerer. Vor zwei Jahren beispielsweise war es ein Thema, dass ich zu jenem Zeitpunkt noch keine WM-Medaille gewonnen hatte. Mittlerweile habe ich dies nachgeholt. Für mich zählt heuer auch nicht nur die WM, ich freue mich einfach auf eine hoffentlich längere Saison als zuletzt – mit der Tour de Ski, den Heim-Weltcups in Davos und im Münstertal. Sicherlich bleibt die WM das Hauptziel, aber ich sehe das nicht so eng momentan. Der Fokus liegt auf der WM, wenn es dann soweit ist. Ich denke, es ist möglich, sowohl an der Tour de Ski als auch an der WM zu reüssieren. Ich hoffe, an der Tour de Ski gut in Form zu sein und dann schauen wir, zu was es reicht. Der Rennkalender ist in dieser Saison ziemlich günstig. Nach der Tour de Ski bestreite ich noch ein Weltcup-Wochenende in Russland, dann gibt es bis kurz vor der WM eine längere Pause.

Bei Ausnahmeathleten wie Ihnen werden die erbrachten Leistungen teilweise hinterfragt. Das muss sehr nerven. Das Thema Doping ist sicherlich präsent, man wird auch immer mal wieder darauf angesprochen – gerade als Ausdauersportler. Allgemein werden gute Leistungen schnell einmal in Frage gestellt. Irgendwo gehört das dazu, da rege ich mich nicht mehr auf. Selber kann man einfach nichts anderes sagen, als dass man die Leistungen auf korrekte Weise bringt. Es gibt immer andere Leute, die alles besser wissen und das Gefühl haben, da sei nicht alles sauber. Aber da kann man nicht viel machen.

Ein Sportler denkt in der Regel im olympischen Vierjahreszyklus. Darf man von einer Fortsetzung Ihrer Karriere bis zu den Winterspielen 2018 in Pyeongchang ausgehen? Ab einem gewissen Alter denkt man nicht mehr so weit voraus (lacht)... Nein, ich denke schon, dass ich 2018 noch dabei bin. Olympia ist sicherlich nochmals ein grosses Ziel. Aber meine Gedanken gehen zunächst einmal von Jahr zu Jahr.

Haben Sie eigentlich schon Pläne für die Zeit nach Ihrer Karriere? Ideen gibt es schon. Irgendwie werde ich wohl mit dem Langlauf verbunden bleiben, aber nicht unbedingt als Trainer. Ich verfüge über viele Kontakte. Konkret ist allerdings noch nichts, es kann in verschiedene Richtungen gehen. Vielleicht eine Zusammenarbeit mit Partnern – oder ich baue etwas Eigenes auf. Ich habe nicht das Gefühl, dass es mir langweilig wird. (ebe)

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