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Sieg, auch wenn «die Macht» diesmal nicht mit Lindgren ist

Perttu Lindgren steht mit dem HC Davos im Spengler-Cup-Halbfinal. Gestern gewannen die Bündner gegen Jekaterinburg 3:1, obwohl ihr finnischer Topskorer auf eine besondere Unterstützung verzichten musste.

Südostschweiz
30.12.16 - 09:24 Uhr
Eishockey

von Kristian Kapp, Davos

Es ist bislang das Bild während der Spengler-Cup-Spiele des HC Davos: Ein kleiner Knirps wird auf dem grossen Bildschirm über dem Eis eingeblendet, wie er mit HCD-Fähnchen auf und ab tanzend mitfiebert und als Star-Wars-Bösewicht verkleidet ist – wahlweise als Oberschurke Darth Vader oder bloss als gewöhnlicher Stormtrooper. Und als Extra-Schmankerl nimmt nach der Partie Perttu Lindgren den kleinen Bösewicht am Spielfeldrand in Empfang und zieht ihn vor die Ostkurve für die La-Ola-Welle mit den Fans.

Des Rätsels Lösung: Es ist Bradley Lindgren, Sohnemann des Finnen, der dafür sorgt, dass, ganz Star-Wars-like, «die Macht» mit dem Papa und dem HC Davos ist.

Die Maskerade sei ganz klar der Wunsch des Kleinen, das will Perttu Lindgren betont haben, da stecke kein väterlicher Zwang dahinter. «Ich kenne mich da nicht so aus, kenne bloss den ‘Chewbacca’», erklärt Lindgren und spricht Worte, die nun kein HCD-Anhänger lesen sollte, der auch eingefleischter Fan der Sternensaga ist: «Star Wars, das ist doch etwas für Kinder, oder nicht?»

Gestern übrigens, da müssen Lindgren und Co. auf die besondere Unterstützung verzichten, Bradley ist zu Hause geblieben. Dass der HCD und insbesondere Lindgren einen ausgelaugten Eindruck hinterlassen, hat aber einen anderen Grund.

Zwei ausgelaugte Teams

Für Davos ist die Partie gegen Jekaterinburg der dritte Einsatz innert 50 Stunden, das lässt sich nicht kaschieren. Tempo, Intensität, Aggressivität, all das, was beim Gastgeber gegen das Team Canada und Dinamo Minsk in hohem Masse vorhanden war und ihn auszeichnete, ist im dritten Spiel reduziert oder gar gänzlich weg.

Lindgren, obwohl er selbst erst zum zweiten Mal ran muss, leidet besonders. Kein Wunder: Vor dem Einsatz gegen Minsk war er seit Weihnachten ans Bett gefesselt. «Fieber, Magen, das ganze Paket», erklärt er. «Ich war überrascht, wie gut es gegen Minsk lief.» Einen Tag später zahlt er wohl den Preis für vier Tage Bettruhe.

Auch Automobilist Jekaterinburg hinterlässt im dritten Spiel in ebenfalls nur 74 Stunden keinen frischen Eindruck. Die Russen benützen den Aufenthalt im Landwassertal zudem als eine Art Trainingslager in der Höhe mit zusätzlichen Einheiten auf und neben dem Eis und sorgen damit nicht nur für Freude in Davos. Ihr Ausscheiden mit drei Niederlagen bildet die sportliche Enttäuschung des 90.  Spengler Cups. Darum wird Spiel Nummer 8 des Turniers nicht als Highlight in Erinnerung bleiben.
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Perttu Lindgren (links) feiert mit Landsmann Tuomo Ruutu den Sieg gegen Jekaterinburg. Bild Keystone

Bei Davos setzt Trainer Arno Del Curto auf Schadensbegrenzung, indem er Spieler auch in ungewohnten Rollen bringt. Claude Paschoud taucht als Quarterback im Powerplay auf, auch Tino Kessler oder Fabian Heldner sind kurz im Überzahlspiel zu sehen. Zwei junge Verteidiger sorgen zudem auch für offensive Akzente bei den Toren: Beim 1:0 spielt Paschoud den schnellen und tiefen Break-out-Pass, beim 3:1 Sven Jung.

Der Anruf bei Kollege Raanta

Am Ende fährt Davos einen ungefährdeten 3:1-Sieg ein und steht damit am Freitagabend im rein schweizerischen Halbfinal gegen Lugano. Es stellt sich nun die Frage: Reicht die Kraft für das vierte Spiel in 74 Stunden? «Irgendwie findest du immer die Energie, um zu spielen, erst nach dem Turnier wird das Tief kommen», sagt Lindgren. Aber der Spengler-Cup-Modus sei schon speziell: «Du kannst theoretisch in knapp vier Tagen fünf Spiele haben.» Das wäre der Davoser Parcours inklusive Sieg gegen die Tessiner und der Finalteilnahme morgen Mittag. So etwas habe er noch nie erlebt, sagt Lindgren. «Als ich in der AHL spielte, kamen Dreifachrunden vom Freitag bis Sonntag vor, inklusive Auswärtsreisen. Auch das war tough.»

Klagen wolle er aber nicht. Er habe kürzlich mit Antti Raanta, einem finnischen Freund und Goalie bei den New York Rangers, telefoniert. «Antti sagte mir, sie hätten noch 52 Spiele bis zu den Playoffs. In der NLA haben wir total nur 50 …»

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