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NHL-Ikone Sean Burke über die kanadische Zukunft in Davos

Im Interview mit der Nachrichtenagentur sda spricht die NHL-Ikone Sean Burke, der Generalmanager des Team Canada, über die Gründe, weshalb der Spengler Cup im Land des Olympiasiegers so populär ist.

Südostschweiz
30.12.16 - 00:10 Uhr
Sport

Sean Burke, in der Schweiz wird das älteste Klubturnier als Event mit globaler Ausstrahlung verkauft. Teilen Sie die Einschätzung der Organisatoren? Ist das Interesse in Kanada tatsächlich so gross?

Sean Burke: «Das ist absolut wahr. Ich kenne diesen Wettbewerb seit den Achtzigerjahren, als ich erstmals das Shirt einer kanadischen Auswahl getragen habe. Einige meiner ehemaligen Teamkollegen nahmen teil und waren begeistert, grosse Persönlichkeiten coachten das Team.»

NHL-Professionals sind in der Regel unabkömmlich.

«Natürlich! Die Zeit vor Weihnachten ist in der Regel nicht dafür geeignet, um für das Team Canada zu spielen. Die NHL geht vor, keine Frage. Das galt früher aber auch für den Iswestija-Cup (Nationen-Turnier in Moskau) - die besten kanadischen Spieler sind während der Klubsaison nicht verfügbar. Am Stellenwert des Spengler Cups ändert sich nichts. Er ist und bleibt in allen Bereichen ein attraktives Hockey-Festival. Der Show-Effekt stimmt, das Niveau ist sportlich hoch, die Spiele sind hart.»

Wie sehr hat die Teilnahme des kanadischen Lockout-Dream-Teams die Kreditwürdigkeit für das Davoser Eishockey-Fest in Ihrer Heimat angehoben?

«Ich erinnere mich gut an den Dezember 2012, weil ich fast jede Partie zu Hause vor dem TV-Gerät verfolgt habe. Wichtiger ist indes, dass die TV-Stationen die U20-WM als grosse Geschichte vermarkten. Deshalb erhalten sämtliche Teams von Kanada vor dem Jahreswechsel eine riesige Plattform - auch die Vertretung am Spengler Cup. Die Fans sitzen in der Weihnachtszeit gerne in der warmen Stube und konsumieren Eishockey. TSN (The Sports Network) erreichte im letzten Jahr Rekord-Ratings. Sie machen einen guten Job.»

Hockey Canada produzierte für die Veranstaltung im Bündnerland eine 60 Seiten starke Medien-Broschüre. Ihr Verband nimmt die Show offenbar sehr ernst?

«In Kanada ist Eishockey eine Religion. Ob wir am World Cup, an der U20-WM, beim Spengler Cup oder an der WM auftreten, jede unserer Auswahlen generiert Quoten und Interesse. Gewinnen wir ein Turnier nicht, ist die Enttäuschung ausnahmslos sehr gross.»

Das Ahornblatt auf der Brust verpflichtet.

«Es ist für jeden eine Ehrensache. Egal, wer das Shirt trägt, die Verpflichtung ist spürbar. Ich habe das zuletzt beim Deutschland-Cup beobachtet. Spieler, die nie zuvor für das Nationalteam aufgeboten worden sind, rückten mit der ganzen Familie ein, machten Bilder, waren unendlich stolz. Es gibt nicht nur die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaft. Die Boys sind jederzeit bereit, unser Land zu vertreten, wenn sie denn die Freigabe der Klubs erhalten.»

Eine spannende Figur ist Ihr junger Keeper Zach Fucale. Vor einem Jahr gewann er mit den Junioren WM-Gold, jetzt gehört er zum Spengler-Cup-Kader.

«Ich kenne ihn gut. Er kommt aus meiner Organisation (Montreal Canadiens), und ich war im letztjährigen U20-WM-Stab dabei. Die NHL ist für ihn noch kein Thema. In Davos erhält er nun die Gelegenheit, Fortschritte zu machen, sich den Experten in Nordamerika zu zeigen. Für ihn ist das Turnier eine grosse Chance. »

Im kommenden Jahr tritt das Team Canada in Davos womöglich mit der Olympia-Mannschaft an. Wie beurteilen Sie die Konstellation? Bleibt die NHL Südkorea fern?

«Wir wissen es nicht. Unser Verband bereitet sich auf beide Szenarien vor. Es geht darum, innerhalb eines Jahres jene Spieler zu sichten, die bei einer Absage der NHL für unsere Olympia-Mission infrage kommen würden. Ich habe alle in Europa beschäftigten Kanadier im Auge. Unsere Scouts beobachten die Profis in den Ligen von Finnland, Schweden, Russland oder Deutschland - und klar, beim Spengler Cup können sich die Kandidaten aus der Schweiz anbieten.»

Der Spengler Cup als Olympia-Hauptprobe?

«Ich will niemandem vorgreifen, aber wenn die NHL den Spielbetrieb während den Winterspielen nicht unterbricht, dürfte im nächsten Dezember das Gros der olympischen Auswahl in Davos zu sehen sein.»

Ist für Sie absehbar, dass das Team Canada so oder so auch in der nächsten Dekade bei der Exhibition Fixstarter bleiben wird?

«Das Interesse der Spieler können wir garantieren. Es wird aber auch in Zukunft nicht einfacher, die Klubs dazu zu bewegen, ihre Arbeitnehmer freizugeben. Das haben wir zu respektieren. Wir müssen Lösungen finden, um die versicherungstechnischen Aspekte abzudecken. Aber ernsthafte Sorgen mache ich mir eigentlich nicht. Unser Networking ist gross. Und der Austausch mit den europäischen Klubs funktioniert ausgezeichnet.»

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