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Sorgerecht soll auch rückwirkend gelten

Väter oder Mütter, die bei der Scheidung auf das Sorgerecht für ihre Kinder verzichten mussten, sollen dies bald ändern können. Der Nationalrat hat am Mittwoch beschlossen, dass die gemeinsame elterliche Sorge auch rückwirkend der Normalfall sein soll.

Südostschweiz
26.09.12 - 11:18 Uhr

Bern. – Der Entscheid fiel mit 109 zu 63 Stimmen bei 1 Enthaltung. Der Nationalrat will es mit der Revision des Zivilgesetzbuches Vätern oder Müttern ermöglichen, auch rückwirkend das gemeinsame Sorgerecht zu verlangen - egal, wie lange die Scheidung her ist.

Der Bundesrat und eine Minderheit aus SP und BDP hatten eine fünfjährige Frist setzen wollen. Alle, deren Scheidung bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes länger als fünf Jahre her gewesen wäre, hätten in diesem Fall das gemeinsame Sorgerecht nicht beantragen können.

Die Frist verhindere, dass Sorgerechtsregelungen in Frage gestellt würden, die sich seit Jahren eingespielt hätten, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Die Frist sei allerdings etwas willkürlich gesetzt und berücksichtige viele Väter, die seit Jahren für das Sorgerecht kämpften, nicht, räumte sie ein.

Für die SP und die BDP wäre die 5-Jahres-Frist das kleinere Übel gewesen. «Konflikte, die älter als fünf Jahre sind, sollen nicht wieder aufgebrochen werden», sagte Bernhard Guhl (BDP/AG). Wenn es um so sensible Rechtsgüter wie das Wohl des Kindes gehe, seien rückwirkende Gesetzesänderungen generell heikel, sagte Margret Kiener Nellen (SP/BE). «Kinder haben ein Recht auf stabile Verhältnisse.»

Die Mehrheit des Rates lehnte die 5-Jahres-Frist aber ab. Eine solche wäre eine «klare Diskriminierung von verheirateten Eltern gegenüber unverheirateten Eltern», sagte Gabi Huber (FDP/UR). Denn die Frist hätte nur für geschiedene, nicht aber für unverheiratete Eltern gegolten.

Ein letzter Versuch der SP, die Regelung des Sorgerechts an jenes des Unterhaltsrechts zu koppeln, scheiterte klar. Der Nationalrat sprach sich mit 121 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen einen Antrag aus, der verlangte, dass beide Gesetzesrevisionen gleichzeitig in Kraft treten müssen.

Ursprünglich hatte Justizministerin Sommaruga das Sorgerecht und das Unterhaltsrecht in einer Vorlage neu regeln wollen. Nach Protesten von Väterorganisationen kam sie von dem Vorhaben ab und legte zwei Entwürfe vor. Die Revision des Unterhaltsrechts befindet sich noch bis zum 7. November in der Vernehmlassung.

Die Eckwerte der neuen Regelung des Sorgerechts hatte die grosse Kammer als Erstrat bereits am Dienstag festgelegt. Sie will getrennten oder geschiedenen Eltern im Normalfall das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder zuteilen. Allerdings müssen dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Mögliche Gründe für den Entzug der elterlichen Sorge sind Unerfahrenheit, Krankheit, Gebrechen, Gewalttätigkeit oder Ortsabwesenheit. (sda)

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