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Russland stuft NGO als Auslandsagenten ein

Trotz scharfer Kritik hat das russische Unterhaus ein Gesetz auf den Weg gebracht, das vom Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen (NGO) als «Auslandsagenten» einstuft. Die Duma billigte den Gesetzentwurf am Freitag in dritter und letzter Lesung mit grosser Mehrheit.

Südostschweiz
13.07.12 - 19:17 Uhr

Moskau. – Insgesamt stimmten in der Duma in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause 374 Parlamentarier für das von der Regierungspartei Einiges Russland eingebrachte Vorhaben. Drei Abgeordnete stimmten dagegen, einer enthielt sich. Die restlichen der insgesamt 450 Parlamentarier waren nicht anwesend.

Auf Widerstand stiess der Gesetzentwurf in der Duma erneut bei der Fraktion der populistischen Partei Gerechtes Russland. Deren Abgeordneter Ilja Ponomarew kritisierte, dass das Gesetz ihn zu einem ausländischen Agenten mache, wenn er im Ausland Geld - zum Beispiel für die Opfer der jüngsten Flutkatastrophe - sammeln würde. Das Gesetz schade deshalb der Zivilgesellschaft.

Minuten vor der dritten war der Entwurf am Freitag in zweiter Lesung verabschiedet worden. Die erste Lesung war vor einer Woche abgehalten worden. Auch da erhielt das Gesetzesvorhaben eine breite Zustimmung, da Einiges Russland in der Duma die Mehrheit der Abgeordneten stellt.

Nun muss nur noch der Föderationsrat als Oberhaus zustimmen, bevor Präsident Wladimir Putin das Gesetz in Kraft setzen kann. Letzteres gilt als reine Formalität.

Das international heftig kritisierte NGO-Gesetz richtet sich gegen sämtliche NGOs, die vom Ausland aus finanziert und in Russland politisch aktiv sind. Sie sollen dazu verpflichtet werden, sich speziell registrieren zu lassen.

Zudem droht ihnen eine strenge Kontrolle ihrer Finanzen. Wenn NGO-Mitarbeiter Hilfen aus dem Ausland nicht offenlegen, müssen sie mit Geld- oder Haftstrafen rechnen.

Nach offizieller Darstellung dient das Gesetz dazu, ausländische Staaten daran zu hindern, auf die Innenpolitik Russlands Einfluss zu nehmen. Niemand aus dem Ausland habe das Recht, das Schicksal Russlands zu bestimmen, hiess es in einer Online-Petition von kremltreuen Organisationen, die sich für den Gesetzentwurf stark machen.

Putin, der im Mai als Präsident wiedergewählt wurde, hatte den USA vorgeworfen, die jüngsten Proteste gegen seine dritte Amtszeit unterstützt zu haben.

Kritiker befürchten, dass das Gesetz vielmehr auf die Wahlbeobachterorganisation Golos und die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International ziele.

Golos hatte die Unregelmässigkeiten bei den jüngsten Wahlen in Russland angeprangert. Betroffen sein dürften auch Umweltorganisationen sowie Aktivisten, die sich für Menschen- und Freiheitsrechte stark machen. (sda)

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