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Patrik Müller: «Es gab Gründe genug, die Geschichte zu veröffentlichen»

Patrik Müller, Chefredaktor der «Schweiz am Sonntag», die auch siebte Ausgabe der «Südostschweiz» ist, verteidigt die Veröffentlichung des Geri-Müller-Artikels.

Südostschweiz
20.08.14 - 08:00 Uhr

Mit Patrik Müller sprach David Sieber

Baden. – Der Aargauer Nationalrat und Badener Stadtammann Geri Müller (Grüne) sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Nacktbilder aus seinem Büro während der Arbeitszeit einer Bekannten geschickt zu haben. Dies schreibt die «Schweiz am Sonntag». Geri Müller weist den Bericht zurück («suedostschweiz.ch» berichtete).

Im Interview mit der «Südostschweiz» schildert «Schweiz am Sonntag»-Chefredaktor Patrik Müller die Beweggründe für die Veröffentlichung des Artikels.

Herr Müller, was bleibt von der «Schweiz am Sonntag»-Geschichte nach dem Eingeständnis von Geri Müller, er habe Fehler gemacht, und der damit verbundenen Entschuldigung? Patrik Müller: Zunächst einmal hat Geri Müller bestätigt, dass er Nacktbilder versandt hat. Zudem hat er eingeräumt, problematische Aussagen gemacht zu haben. Etwa, solche, die seine Sekretärin betreffen. Oder jene, wonach er in «delirischem sexuellen Zustand» mit der NZZ reden müsse.

Und das muss die Öffentlichkeit wirklich wissen? Ja, denn die Eskapaden haben teilweise in Amtsräumen und zur Arbeitszeit stattgefunden. Müller ist für die Polizei zuständiger Vollzeitstadtammann und Nationalrat. Sogar auf Auslandreisen hat er weiter gechattet und gemäss der «Basler Zeitung» vom Dienstag von Syrien aus über die Amerikaner geflucht und sich über die Geschlechtsteile seiner Gesprächspartner lustig gemacht. Zusammen mit den ungeklärten Fragen, ob die Frau unter Druck gesetzt worden und ob beim Polizeieinsatz alles mit rechten Dingen zugegangen ist, sind das Gründe genug die Geschichte zu veröffentlichen.

In Geri Müllers Version tönt sein Aufbieten der Polizei wie eine präventive Schutzmassnahme zugunsten der Frau. Wir haben den Polizeieinsatz genau so beschrieben, wie er von Müller bestätigt wurde. Von Amtsmissbrauch haben wir nicht geschrieben. Seltsam ist einfach, dass die Polizei die Frau morgens um 2 Uhr nach der Befragung ins Hotel geschickt hat. Wäre sie suizidgefährdet, wäre das problematisch. Doch man konnte eine solche Gefahr nicht feststellen. Und es ist tatsächlich so, dass man sie mehrfach gebeten hat, das Handy mit den inkriminierenden Bildern, Texten und Tönen abzugeben.

Sie sagten es, viele Fragen sind offen. Hätten diese nicht geklärt sein müssen, bevor man die Geschichte druckt? Es ist unbestritten, dass eine Führungskraft in der Privatwirtschaft sofort freigestellt wird, wenn von ihr solche am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit hergestellten Bilder auftauchen …

… aber nur, wenn es bekannt wird … Schon. Ich halte es aber für problematisch, wenn es in Müllers Büro zu Szenen kommt, in die jederzeit eine Sekretärin hätte platzen können. Zudem war Müller lange Zeit Schulvorsteher. Man hält die Kinder dazu an, vernünftig und vorsichtig mit ihren digitalen Geräten umzugehen, warnt vor Sexting. Da hat ein Politiker, zumal ein Exekutivpolitiker, schon eine andere Verantwortung.

Die «Weltwoche» und der «Blick» haben die Geschichte offenbar auch zugesteckt erhalten – und nicht gebracht. Die «Schweiz am Sonntag» schon. Ich kannte diese Geschichte nicht. Erst am Mittwochabend, nach dem Polizeieinsatz, habe ich davon erfahren. Baden ist eben eine kleine Stadt. Ich kannte bis dahin nicht einmal den Beziehungsstatus Müllers. Es hat mich auch nicht interessiert.

Wie haben Sie sich abgesichert? Ich habe einerseits schriftliches Material, Protokolle von Gesprächen und Chats, die garantiert echt sind. Dazu habe ich weitere Quellen gefunden, welche die Vorkommnisse beim Polizeieinsatz bestätigten. Und ich habe mit der Frau geredet, die ich für glaubwürdig halte. Sie drückt sich sachlich aus und redet überlegt. Nicht nur der bekannte und mächtige Politiker hat das Recht, sich zu äussern, sondern auch sie als unbekannte Frau, die keine Spitzenanwälte zur Seite hat.

«Ich halte die Frau für glaubwürdig» Wie alt ist die Frau nun? 21 oder 33? Wir haben nur von einer «jungen Frau» geschrieben. Wie das Alter 21 in die Medien gekommen ist, weiss ich nicht. Es wird nun alles mögliche in unseren Artikel hineininter­pretiert, das erst im Nachhinein von andern Medien geschrieben worden ist.

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