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Nuklearexperte ortet Filz zwischen BFE, Ensi und Nagra

Der Nuklearexperte Marcos Buser ist aus Protest aus der Eidg. Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) ausgetreten. Er wirft dem Bundesamt für Energie (BFE), dem Eidg. Nuklearinspektorat (Ensi) und der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) Filz vor.

Südostschweiz
24.06.12 - 14:47 Uhr

Bern. – Er habe genug, sagte Buser im Interview mit der «SonntagsZeitung». «Die Suche nach einem Tiefenlager für Atommüll läuft aus dem Ruder, doch alle Empfehlungen von uns unabhängigen Experten werden von den zuständigen Behörden in den Wind geschlagen», sagte er.

Weil dem BFE die Fachkompetenz fehle, könne die Nagra das Verfahren im Hintergrund steuern, erklärte Buser, der als KNS-Mitglied jahrelang den Bundesrat in Atomfragen beraten hatte. «Diese Behörde (das BFE) entscheidet sehr autoritär über ein Gebiet, in dem sie wenig Fachwissen hat. Das schwächt ihre Unabhängigkeit.»

Dem Ensi attestiert Buser zwar mehr Fachwissen als dem BFE, aber es stehe der Nagra ebenfalls zu nahe. «Auch von den Leuten in den Standortregionen höre ich immer dasselbe: BFE, Nagra und Ensi steckten unter einer Decke», sagte Buser.

Der Filz bestehe darin, dass die Mitglieder der verschiedenen Behörden und Stellen miteinander verbandelt seien und Informationen austauschten. «Der Kontrolleur ist Copain mit dem Kontrollierten», fasste Buser seine Kritik zusammen.

Als Beispiel für seine Vorwürfe nennt der Atomexperte den Zeitplan für die Suche nach einem Tiefenlager: Seit 2008 weise die KNS erfolglos immer wieder darauf hin, dass der Zeitplan unrealistisch sei. Zudem brauche es Risikostudien, wie der Atomabfall in den Untergrund verfrachtet werden solle. Diese Einwände der KNS würden - auf Anraten der Nagra - von den Behörden nicht beachtet.

Buser übt auch Kritik an der Strategie der Behörden: «Die Lagersuche ist grundsätzlich falsch konzipiert», sagte er. Zurzeit würden Oberflächengebäude an allen möglichen Standorten diskutiert. Das sei die falsche Reihenfolge: «Zuerst muss man die Geologie anschauen und feststellen, ob sich ein Standort eignet.» Wenn nicht, mache es keinen Sinn, dort über Oberflächenanlagen zu diskutieren.

Das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) bestätigte auf Anfrage den Erhalt von Busers Rücktrittsschreiben. Zu den Vorwürfen wollte UVEK-Sprecher Harald Hammel wegen einer laufenden internen Untersuchungen keine Stellung nehmen: «Wir sind daran, die Aussagen Busers zu den Vorgängen zu prüfen», sagte er zur Nachrichtenagentur sda.

Gar nicht äussern wollten sich die Nagra und das Ensi, wie deren Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagten. (sda)

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