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Niederlande müssen Srebrenica-Hinterbliebenen Entschädigung zahlen

Die Niederlande sind wegen des Versagens ihrer UNO-Truppen für Morde an drei bosnischen Muslimen während der Srebrenica-Massaker haftbar. Das entschied am Dienstag das Berufungsgericht in Den Haag. Es gab damit den Familien der drei Massaker-Opfer Recht.

Südostschweiz
05.07.11 - 17:08 Uhr

Amsterdam. – Damit hoben die Richter ein früheres Urteil eines Haager Zivilgerichts auf. Die Hinterbliebenen hatten seit Jahren vergeblich vor Gericht Entschädigungen durch den niederländischen Staat verlangt.

Die Höhe der Entschädigung ist noch unklar. «Es werden aber nicht Millionen sein», sagte Liesbeth Zegveld, Anwältin der Opfer. Es sei aber nicht um Geld gegangen, so die Anwältin.

Die 1995 im bosnischen Srebrenica stationierte Blauhelm-Einheit Dutchbat hatte die drei Muslime trotz dringlicher Bitten um Schutz zum Verlassen des niederländischen Militärlagers gezwungen. Sie wurden später wie Tausende andere von den Truppen des bosnisch-serbischen Befehlshabers Ratko Mladic ermordet.

Der heute 69-jährige Mladic muss sich derzeit vor dem Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien wegen Völkermords verantworten - darunter für die Massaker in Srebrenica. Bis zu 8000 Menschen wurden dabei damals getötet.

Die Kommandanten der Blauhelmtruppe müssen nach Ansicht der Berufungsrichter gewusst haben, welch tödlicher Gefahr sie die drei Muslime aussetzten. «Dutchbat war Zeuge mehrerer Vorfälle, bei denen bosnische Serben ausserhalb des Lagers Flüchtlinge misshandelten oder töteten», befand das Berufungsgericht.

Geklagt hatten Hasan Nuhanovic, der seinerzeit als Dolmetscher für Dutchbat tätig war, sowie die Familie des Elektrikers Rizo Mustafic, der ebenfalls für die Niederländer arbeitete.

Mustafic sowie der damals 19-jährige Bruder und der Vater von Nuhanovic hatten das Dutchbat-Lager verlassen müssen. 2007 fand man die Leiche des Vaters in einem Massengrab. Im vorigen Jahr entdeckte man die sterblichen Überreste des Bruders sowie die von Mustafic.

Nuhanovic begrüsste die Gerichtsentscheidung, mit der er angesichts der bis dahin vergeblichen Versuche, die Niederlande zu einem Eingeständnis ihrer Verantwortung zu bewegen, wohl kaum noch gerechnet hatte: «Das Urteil ist eine Überraschung und ein Schritt in eine gute Richtung», sagte er.

Eine Beispielwirkung durch das Urteil erhoffen sich auch die mehr als 6000 «Mütter von Srebrenica», die durch die Massaker Angehörige verloren und Verfahren gegen die Niederlande und die Vereinten Nationen anstreben. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes stimme hoffnungsvoll, erklärte Axel Hagedorn, der Anwalt der Gruppierung. (sda)

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