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Libyens Übergangsrat verkündet offiziell «Befreiung» des Landes

Drei Tage nach dem gewaltsamen Tod des ehemaligen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi hat das Land mit einem grossen Festakt das Ende von dessen Herrschaft gefeiert. Zehntausende versammelten sich am Sonntag im Zentrum der Stadt Bengasi.

Südostschweiz
23.10.11 - 20:56 Uhr

Benghasi. – Dort verkündete der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, offiziell den Sieg über das Gaddafi-Regime. Dschalil rief zur Versöhnung und Toleranz auf. Die Libyer sollten das Recht nicht in die eigene Hand nehmen.

Er versprach, die Basis für das neue Libyen werde die islamische Rechtssprechung. «Bei uns ist das islamische Recht die Grundlage der Rechtsordnung», erklärte Dschalil. «Ein Gesetz, das dem islamischen Recht widerspricht, ist null und nichtig.»

In diesem Sinne sei auch das geltende libysche Eherecht zurückzuweisen, das die Zahl der Frauen für einen Muslim begrenzt. Man werde auch islamische Banken gründen, die keine Zinsen verlangen. Er warnte vor einer Spaltung des Landes. «Wir sind alle Brüder geworden, was wir lange Zeit nicht waren.»

Auf dem Festplatz sangen die Menschen die neue Nationalhymne und schwenkten Fahnen aus der Zeit der Monarchie. In Bengasi hatte der Aufstand gegen Gaddafi vor acht Monaten seinen Anfang genommen.

Nun soll binnen 30 Tagen eine provisorische Regierung gebildet werden, die dann bis Juni 2012 Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung vorbereitet. Dieses Gremium soll dann eine Verfassung ausarbeiten, auf deren Grundlage innerhalb eines Jahres ein Parlament und ein Präsident gewählt werden.

Noch vor den Feiern wurde der Streit um die Leiche des Ex-Diktators vorerst beigelegt. Die Leichen Gaddafis und seines Sohnes Mutassim sollen nun an Angehörige übergeben, statt wie ursprünglich geplant an einem unbekannten Ort vergraben zu werden.

Entgegen früherer Ankündigungen wurde der Leichnam Gaddafis zudem obduziert. Der oberste Gerichtsmediziner gab bekannt, Gaddafi sei durch einen Kopfschuss ums Leben gekommen. Der vollständige Autopsiebericht werde an die Staatsanwaltschaft übergeben.

Gaddafi war am Donnerstag bei der Eroberung seiner Heimatstadt Sirte zunächst lebend gefangen genommen worden, wie Videoaufnahmen zeigen. Es besteht der Verdacht, dass Gaddafi gelyncht wurde. (sda)

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