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Keine absolute Mehrheit für Syriza

Die Linkspartei Syriza will nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl in Griechenland die Regierungsbildung so rasch wie möglich abschliessen. Weil das Bündnis die absolute Mehrheit verpasst hat, macht es sich nun auf die Suche nach einem Koalitionspartner.

Südostschweiz
26.01.15 - 10:12 Uhr

Athen. – Bereits am Montagvormittag um 9.30 Uhr trifft Parteichef Alexis Tsipras den Vorsitzenden der Partei der Unabhängigen Griechen, Panos Kammenos, zu Koalitionsgesprächen, wie griechische Medien in der Nacht zum Montag berichteten.

Es wird in Athen erwartet, dass Staatschef Karolos Papoulias noch am Montag Tsipras offiziell ein Sondierungsmandat für die Bildung einer Regierung erteilt. Das Linksbündnis hätte dann drei Tage lang Zeit. Sollte Tsipras scheitern, geht das Mandat an die zweitstärkste politische Kraft, die Konservativen der Nea Dimokratia (ND), über.

Nach Auszählung von 99,5 Prozent der Stimmen kommt Syriza nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts Singular Logic, das mit dem Innenministerium zusammenarbeitet, auf 149 Sitze und verfehlt damit eine absolute Mehrheit von 151 der 300 Sitze nur um zwei Mandate. Der Wähleranteil liegt demnach bei 36,4 Prozent. Bei den letzten Wahlen 2012 hatte Syriza 26,9 Prozent erreicht.

Minderheitsregierung nicht ausgeschlossen

Ausser den Unabhängigen Griechen signalisierte auch die Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), Bereitschaft. Beides sind Kleinparteien. Analysten schliessen auch die Bildung einer Minderheitsregierung unter Tsipras nicht aus.

Syriza-Chef Tsipras bekräftigte seine Aussagen aus dem Wahlkampf, dass er die mit den europäischen Partnern vereinbarten Reformauflagen neu verhandeln will. Mit dem Wahlergebnis gebe es ein klares Mandat für ein Ende des zerstörerischen Sparprogramms, sagte er. Tsipras hatte den Bürgern Griechenlands einen Schuldenschnitt und ein Ende der Sparmassnahmen versprochen.

«Troika ist Geschichte»

Die Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), die Griechenland mit 240 Milliarden Euro vor dem Kollaps gerettet hatten, sei Geschichte, sagte er.

Griechenland werde eigene Reformpläne präsentieren. Dabei wolle die neue Regierung mit den Geldgebern aber an einer gemeinsamen Lösung arbeiten. Ein destruktiver Streit solle verhindert werden.

Die Finanzminister der Euro-Länder wollen noch am (heutigen) Montag über den weiteren Weg des Krisenlandes sprechen. Konkrete Beschlüsse sind allerdings nicht geplant. In der Eurogruppe wird über eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogramms über den 28. Februar hinaus nachgedacht.

Die Europäische Zentralbank (EZB) schloss derweil eine Beteiligung an einem möglichen Schuldenerlass für das hoch verschuldete Land aus. Das gab EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré bekannt. «Es ist nicht an der EZB zu entscheiden, ob Griechenland Schuldenerleichterungen braucht», sagte Coeuré dem «Handelsblatt» (Montagsausgabe). Dies werde eine politische Entscheidung sein.

«Aber es ist absolut klar, dass wir keiner Schuldenerleichterung zustimmen können, bei dem die griechischen Anleihen einbezogen würden, die bei der EZB liegen.» Dies sei aus rechtlichen Gründen «unmöglich», betonte der EZB-Direktor.

Die EZB hatte in der Krisenzeit massiv griechische Anleihen gekauft, die sie teilweise noch heute hält. Ein Schuldenerlass der Notenbank wäre den Angaben zufolge monetäre Staatsfinanzierung - und diese ist der EZB verboten.

Euro erholte sich nach anfänglichem Taucher

Am Devisenmarkt wurde der Wahlsieg von Syriza gelassen aufgenommen. Der Kurs des Euro war zwar in den ersten Handelsstunden der Woche für wenige Sekunden unter 1,11 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit 2003 gefallen, konnte sich aber schnell wieder erholen.

Um 8.50 Uhr kostete ein Euro 1,1201 Dollar und damit mehr als am Freitagnachmittag, als der Euro wegen der EZB-Geldpolitik bis auf 1,1115 Dollar abgetaucht war. Für Entspannung dürfte die Nachricht gesorgt haben, dass Syriza mit ihrem Parteichef Alexis Tsipras die absolute Mehrheit verpasst hat sowie das Tspiras den EU-Partnern noch in der Wahlnacht Gesprächsbereitschaft signalisierte. .

Die bislang regierenden Konservativen und Sozialisten brachen bei der Wahl ein und müssen in die Opposition. Die Konservativen der Nea Dimokratia (ND) kamen auf 27,8 Prozent (Juni 2012: 29,7) und damit 76 Sitze.

Der bisherige Junior-Koalitionspartner der Konservativen, die sozialistische Pasok bekam nur mehr 4,7 (Juni 2012: 12,3) Prozent und 13 Sitze. Drittstärkste Kraft wurde demnach die rechtsextremistische Goldene Morgenröte mit 6,3 Prozent (Juni 2012: 6,9). Sie wird 17 Abgeordnete ins Parlament entsenden.

Die vergangenes Jahr neu gegründete proeuropäische Partei To Potami (Der Fluss) kam auf 6 Prozent und 17 Abgeordnete. Den Einzug ins Parlament schafften auch die Kommunistische Partei KKE mit 5,5 Prozent (Juni 2012: 4,5) und 15 Abgeordneten sowie die rechtspopulistische Partei der Unabhängigen Griechen mit 4,7 Prozent (Juni 2012: 7,5) mit 13 Mandaten. (sda)

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