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Hirnscans machen laut IV-Chef als Ergänzung Sinn

Mit der Durchführung von neuropsychologischen Tests an Patienten zur Beurteilung strittiger IV-Gesuche hat die IV-Stelle Luzern für kontroverse Diskussionen gesorgt. «Ergänzend zu den Basisabklärungen machen Hirnscans Sinn», ist IV-Chef Stefan Ritler überzeugt.

Südostschweiz
18.01.14 - 12:26 Uhr

Luzern. – Mit einem Hirnscan allein sei die Arbeitsfähigkeit einer Person nicht zu ermitteln, sagte der Chef der Invalidenversicherung (IV) in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Alleine angewandt wären sie «Mumpitz». Als Ergänzung zu anderen Abklärungen sei der Hirnscan jedoch sinnvoll - etwa dann, wenn sich verschiedene Gutachten widersprechen.

«Hirnscans werden ja auch andernorts bei klinischen Untersuchungen angewandt», sagte der IV-Chef. Die IV-Stellen seien in der Pflicht, den medizinischen Sachverhalt gründlich abzuklären - und zwar in alle Richtungen. Das müssten und sollten sie mit den Instrumenten tun, die zur Verfügung stehen.

Positiv-Entscheid in 40 von 60 Fällen

2013 überprüfte die Luzerner IV-Stelle 60 Fälle unter Beibezug eines Hirnscans. In 40 Prozent der Fälle führte die Untersuchung zu einem positiven Rentenentscheid. «Diese Tatsache zeigt mir doch, dass mit dem Hirnscan verantwortungsvoll umgegangen wird», sagte Ritler. «Der Sachverhalt wird korrekt und nicht einseitig abgeklärt». Unterstellungen, die IV sei nur am Sparen interessiert, würden damit widerlegt.

Die 60 Luzerner Fälle will der IV-Chef evaluieren lassen. «Hier sind wir als Aufsichtsbehörde in der Pflicht», so Ritler. «Wir wollen die Methode genau kennenlernen».

Problem der Anerkennung

Auf Probleme beim Einsatz von Hirnscans angesprochen, sagt Ritler: «Wenn es überhaupt eine Problematik gibt, liegt sie bei der wissenschaftlichen Anerkennung.» Die Kernfrage bleibe, ob die Methode wissenschaftlich anerkannt ist.

Die Neurowissenschaften machten derzeit eine rasante Entwicklung durch, sagte Ritler weiter. «Es ist unsere Pflicht, mit den Fortschritten mitzuhalten». Würde die Invalidenversicherung einen Bogen um solche neuen Untersuchungsmethoden machen, würde ihr dies sicherlich sofort zum Vorwurf gemacht. «Es darf nicht sein, dass die IV wichtige Erkenntnisse der Wissenschaft verpasst», so Ritler.

Gerade im Bereich der psychischen Erkrankungen, welche die Invalidenversicherung sehr stark forderten, wäre dies fatal, ist Ritler überzeugt.

Pro Infirmis ist kritisch

Die neuropsychologischen Tests, die in Luzern bei strittigen IV-Gesuchen zur Anwendung kommen, stossen auf Kritik. Die Fachorganisation Pro Infirmis etwa zweifelt an der Aussagekraft von Tests, bei denen die Hirnaktivität gemessen wird. Psychische Erkrankungen verliefen oft nicht linear, sondern wellenförmig, lautete ein Argument. Das Resultat des neuropsychologischen Tests hänge damit vom Zeitpunkt der Durchführung ab.

Auf solche Tests setzt die IV-Stelle Luzern seit einem Jahr, wie die «Zentralschweiz am Sonntag» publik machte. Dies in Fällen, in denen trotz ärztlichen Gutachten Zweifel bestehen, ob eine Person wegen einer psychischen Krankheit Anspruch auf eine IV-Rente hat. In der Mehrheit der Fälle ergaben die Tests, dass die Patienten die psychische Krankheit übertrieben dargestellt hatten. (sda)

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