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Gedenkfeiern im Zeichen der Ukraine-Krise

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck und der polnische Präsident Bronislaw Komorowski haben das Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren mit Warnungen vor dem aktuellen Machtstreben Russlands verbunden.

Südostschweiz
01.09.14 - 21:42 Uhr

Bern/Danzig. – In einer Feierstunde an der Westerplatte bei Danzig warf Gauck der russischen Führung am Montag vor, mit ihrem Vorgehen in der Ukraine die europäische Werteordnung verlassen zu haben und den Frieden auf dem Kontinent zu gefährden. Die deutsch-polnische Aussöhnung würdigten Gauck und Komorowski als vorbildhaft für Europa.

«Uns führt heute das Gedenken zusammen», sagte Gauck. «Aber genauso stehen wir angesichts der aktuellen Bedrohung zusammen.» Den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine bezeichnete der Bundespräsident als «kriegerische Auseinandersetzung um neue Grenzen und um eine neue Ordnung». Er fügte hinzu: «Ja, es ist einen Tatsache: Stabilität und Frieden auf unserem Kontinent sind wieder in Gefahr.»

Komorowski warf Russland vor, «Träume von eigener Grösse und nationalen Einflusszonen» zu verfolgen und dadurch den Frieden in Europa aufs Spiel zu setzen. «Wir müssen dem mit Mut und Entschlossenheit entgegentreten», forderte der polnische Präsident. Komorowski warnte davor, gegenüber Russland eine Appeasement-Politik zu verfolgen, die in den 30er Jahren den Aufstieg Hitlers begünstigt habe: «Hier auf der Westerplatte spricht die Geschichte besonders deutlich zu uns.»

Nicht in europäische Ordnung eingebunden

Gauck zeigte sich enttäuscht, dass es nicht gelungen sei, Russland in eine europäische Ordnung einzubinden. «Wir glaubten und wollten daran glauben, dass auch Russland, das Land von Tolstoi und Dostojewski, Teil des gemeinsamen Europa werden könnte», sagte der Bundespräsident. «Diese Partnerschaft ist von Russland de facto aufgekündigt worden.»

Europa müsse sich dem russischen «Machtstreben» entschlossen entgegenstellen: «Die Geschichte lehrt uns, dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrössern.» Russland müsse seine Politik verändern, um zu guter Nachbarschaft zurückzufinden.

Auslöser des Zweiten Weltkriegs

Auf der Westerplatte, einer Halbinsel nördlich von Danzig, hatte in den frühen Morgenstunden des 1. September 1939 das deutsche Kriegsschiff «Schleswig-Holstein» einen Posten der polnischen Armee beschossen. Es war der Beginn des blutigsten Kriegs in der Geschichte der Menschheit, in dem um die 60 Millionen Menschen ihr Leben verloren.

Sieben Tage lang hielten die polnischen Soldaten den übermächtigen Deutschen stand. An den Gräbern der gefallenen polnischen Soldaten stellten Gauck und Komorowski Grablichter auf.

An vielen Orten Polens wurde am Montag des Kriegsbeginns gedacht. Ministerpräsident Donald Tusk warnte am frühen Morgen bei einer Feier auf der Westerplatte vor einer «Kriegsgefahr nicht nur im Osten der Ukraine». Die NATO müsse eine «neue Politik» ausarbeiten, um sich dieser Gefahr entgegenzustellen.

Burkhalter gedenkt Kriegsbeginn

Der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter rief am Montag zum Gedenken an den folgenschweren Tag zu Diplomatie und Dialog in schwierigen Zeiten auf.

«Heute drücken wir den Personen, die unser Land gegen die schrecklichen Bedrohungen verteidigt haben, unsere Dankbarkeit aus», schrieb Burkhalter in einer Mitteilung des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

Der Zweite Weltkrieg sei für die Schweiz auch mit düsteren Seiten verbunden, deshalb müsse das Land mit Demut und Bescheidenheit zurückblicken. Tausende Menschen hätten sich damals aber klar für Würde und Freiheit eingesetzt. (sda)

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