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Früherer Tessiner Strommanager vor Gericht

Der Vorwurf der ungetreuen Amtsführung gegen den ehemaligen Direktor des Tessiner Elektrizitätswerks, Reto Brunett, wird neu geprüft. Vor dem Tessiner Appellationsgericht in Locarno TI hat am Mittwoch der Berufungsprozess begonnen.

Südostschweiz
12.03.14 - 11:42 Uhr

Locarno. – Brunett ist am 7. Februar vom Tessiner Strafgericht in Lugano TI zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 12'000 Franken verurteilt worden. Er wurde schuldig gesprochen, bei der Übernahme einer maroden Firma bewusst den Kaufpreis in die Höhe getrieben zu haben.

Von dem Geschäft soll er privat profitiert haben. Die Aargauer Zimmerli Energie-Technik (ZET), die nur acht Monate nach der Übernahme in Konkurs ging, gehörte einem Freund. Dieser habe ihm dank des Deals ein privates Darlehen zurückzahlen können. Mit dem Geld finanzierte Brunett gemäss Anklage einen Hauskauf.

Schaden von zwei Millionen Franken

Vom Vorwurf der Bestechung wurde Brunett freigesprochen. Die AET, die als Privatklägerin in den Prozess involviert ist, machte wegen des Konkurses der ZET einen finanziellen Schaden von rund zwei Millionen Franken geltend. Dies entsprach dem Preis, den das Elektrizitätswerk effektiv in die Übernahme investierte.

Eigentlich war der Kaufpreis sogar auf 4,6 Millionen Franken festgelegt worden. Der frühere Geschäftsführer der ZET, der gemeinsam mit Brunett vor Gericht stand, wurde zu einer bedingten Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Auch seine Verantwortung wird vom Appellationsgericht neu geprüft.

Verteidigung fechtet erstes Urteil an

Die Verteidigung fechtet das Urteil an. Die Anwälte fordern wie im ersten Prozess Freispruch. Gemäss Aussagen der Verteidigung erschien der Kaufpreis damals angemessen. Es sei der Mehrwert einkalkuliert worden, den das kleine Unternehmen durch die Angliederung an das Elektrizitätswerk gewonnen hätte, hiess es.

Der Verwaltungsrat der AET sei zudem über alle Risiken des Geschäfts informiert gewesen, sagte Brunetts Verteidiger am Mittwoch. Nach Aussagen von Brunett im ersten Prozess liess die AET die ZET nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen absichtlich gegen die Wand laufen. Brunett sprach seit Beginn der Ermittlungen von einem Seitenhieb gegen ihn.

Brunett lässt AET durchleuchten

Als Direktor der AET von 2007 bis 2009 hatte er das Unternehmen durchleuchten lassen. Als die kritische Expertise in die Hände der Medien geriet, musste sich die AET den Vorwurf der Misswirtschaft gefallen lassen. 2009 wurde Brunett «wegen unvereinbarer Vorstellungen über Geschäftsmodalitäten» fristlos entlassen.

Richter Claudio Zali - inzwischen Lega-Staatsrat - betonte im ersten Prozess, dass das Urteil nicht politisch motiviert sei. Der Berufungsprozess ist über mehrere Tage angesetzt. Der Termin der Urteilsverkündung ist noch nicht bekannt. (sda)

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