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Friedensgespräche über Ukraine scheitern

Das erste Treffen der ukrainischen Konfliktparteien unter OSZE-Vermittlung seit fünf Wochen ist am Samstag in Minsk ohne Ergebnis geblieben. Die Unterhändler der Ukraine und der Separatisten machten sich gegenseitig verantwortlich für das Scheitern.

Südostschweiz
31.01.15 - 22:16 Uhr

Minsk. – Nach vier Stunden verliessen die Unterhändler der Regierung in Kiew, der prorussischen Separatisten sowie Moskaus schweigend den Verhandlungsort in der weissrussischen Hauptstadt Minsk. Die Gespräche seien gescheitert, sagte der Unterhändler der ukrainischen Regierung, der ehemalige Präsident Leonid Kutschma.

Als Grund für das Scheitern der Gespräche nannte Kutschma gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine das Fernbleiben ranghoher Rebellenführer. Deren Unterhändler hätten zudem Gespräche über eine sofortige Waffenruhe und den Rückzug schwerer Waffen aus den umkämpften Gebieten abgelehnt.

Der Rebellen-Unterhändler Denis Puschilin warf seinerseits Kiew vor, auf der im September im Minsker Abkommen festgelegten Grenzziehung beharrt zu haben, obwohl die Rebellen seither an Terrain gewonnen hätten.

Auf eine Waffenruhe als wichtiges Ergebnis der Friedensgespräche hatten kurz vor Beginn des Treffens Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der russische Präsident Wladimir Putin in einem gemeinsamen Telefonat gedrängt.

Tagliavini am Verhandlungstisch

Die Gespräche in Minsk fanden unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) statt. Für die Organisation war die Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini mit am Verhandlungstisch. Das letzte Treffen der sogenannten Kontaktgruppe hatte am 24. Dezember stattgefunden.

In der Ostukraine gilt seit Anfang September formal eine Waffenruhe, die jedoch immer wieder gebrochen wird. In dem seit neun Monaten andauernden Konflikt wurden bereits mehr als 5000 Menschen getötet.

Zuletzt verschärfte sich die Lage wieder. Bei den Kämpfen geraten zunehmend auch Zivilisten unter Beschuss. International für Empörung sorgte der Raketenbeschuss der Hafenstadt Mariupol vor einer Woche, durch den mindestens 30 Menschen getötet wurden. Am Freitag wurden nach Angaben beider Konfliktparteien 19 Zivilpersonen und mindestens fünf Soldaten getötet, am Samstag berichtete das ukrainische Militär von 15 getöteten Soldaten.

Verzweifelte Lage

Besonders bedrohlich ist die Situation in Debalzewe. Erstmals räumte der ukrainische Verteidigungsminister Stepan Poltorak am Samstag ein, dass die an der Eisenbahnverbindung zwischen den Separatistenhochburgen Donezk und Lugansk liegende Stadt zum Teil unter Kontrolle der Rebellen stehe. Allerdings nahm sein Ministerium die Darstellung später wieder zurück.

Die ukrainische Armee berichtete zudem von heftigen Kämpfen um die Ortschaft Wuglegirsk. Sollten die Separatisten den Ort einnehmen, wären die rund 8000 Soldaten in Debalzewe von den Rebellen komplett eingekesselt.

Die Bewohner der beiden umkämpften Orte befinden sich nach Angaben von Polizeichef Wjatscheslaw Abroskin in einer verzweifelten Lage. Es gebe kein Wasser, keinen Strom, keine Heizung und auch keine Telefonverbindungen mehr, freiwillige Helfer brächten in aller Eile Familien in Sicherheit, berichtete er.

Kerry in Kiew und München

Angesichts der zunehmenden Gewalt werden die Rufe nach einem Ende des Konflikts immer drängender. US-Aussenminister John Kerry wird nach Angaben seines Ministeriums am kommenden Donnerstag zu einem Treffen mit der ukrainischen Staats- und Regierungsspitze nach Kiew reisen. Kerry will anschliessend am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow sprechen.

Die USA und die EU werfen Russland vor, die Separatisten in der Ostukraine massiv zu unterstützen. Moskau weist dies von sich und stellt sich selbst als Vermittler in dem Konflikt dar. Die USA wie auch die EU verhängten Sanktionen gegen Russland und massgebende Vertreter der ostukrainischen Separatisten. (sda)

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